2021 ist das zweite Jahr in Folge, in dem ich ein Album aus der Londoner Jazz-Szene zu meiner Platte des Jahres küre. Generell habe ich viel nachgeholt, was aus diesem unglaublich lebendigen Kosmos in den letzten Jahren rübergeschwappt ist. Yussef Kamaals "Black Focus" hatte ich zum Beispiel seit dem entsprechenden Kreuzverhör (danke, danke, danke Kai!) schon lange in meiner Sammlung, aber erst in diesem Jahr hatte ich das Gefühl, wirklich alles daran gecheckt zu haben und habe die Platte komplett totgehört. Es folgte zum Beispiel noch Kamaal Williams' Solo-Platte und dann eben das hier: Das neue Album von Alfa Mist war eine regelrechte Offenbarung und ich merke schon beim Schreiben dieses Textes, wie ich es wieder auflegen muss (Notiz: Das tue ich jetzt). "Bring Backs" beeindruckt mit seiner unvergleichlichen Lounge-Atmosphäre, mit den völlig unaufgeregten, aber unwiderstehlichen Soli und seiner pointierten Art, auf diesem Geflecht Hip-Hop und Spoken-Word-Parts zu verbauen. Ich wundere mich aber stetig, warum dies 2021 eigentlich genau der Sound war, den ich so oft gebraucht habe. Viele Jahre lang habe ich immer die niederschmetterndsten Platten überhaupt zu meinen Lieblingen erklärt. Touché Amorés "Stage Four", Daughters' "You Won't Get What You Want", Kora Winters "Bitter", selbst Fjørts "Couleur" hatte in all seiner Schönheit viel Destruktives zu bieten. Ich habe lange etwas vertreten, was Jesse Barnett von Stick To Your Guns mir mal gesagt hat, nämlich, dass die besten Songs aller Zeiten immer traurig sind. Warum also suche ich gerade 2021, in einem Jahr, in dem ich so verbittert über Vieles war, nicht nach einem Album, das mich auf diese Weise auffängt? Vielleicht, weil ich in diesem Jahr vor allem nach Gefühl gesucht habe. Und genau das ist "Bring Backs" in jeder Pore: pure, echte Lebendigkeit!