Von Neuendeckungen zu alter Liebe. Seit Muff Potter 2018 wieder aktiv wurden, war diese Reunion ein Wechselbad der Gefühle für mich: Erst die Freude über die Möglichkeit, diese Band, deren Musik ich erst retrospektiv entdecken konnte, endlich live zu sehen. Dann die Ernüchterung, dass das Konzert eher wie eine Pflichtveranstaltung absolviert und Unsicherheiten nur kaschiert wurden. Dann die Spannung, wie wohl der erste neue Song „Was willst du“ klingen wird und die Enttäuschung, als er eher mau ausfiel. Die Skepsis, als ein Album angekündigt wurde und ich die ersten Singles eher mittelprächtig fand. So mittelprächtig, dass ich das 7-Minuten-Monstrum „Nottbeck City Limits“ ignorierte, bis das Albummuster in meinem Redaktions-Postfach lag. Aber als ich es dann in seiner Gesamtheit hörte, machte es plötzlich klick: „Bei aller Liebe“ ist ein Album, dessen Titel ich zum Glück nicht in der Review verwursten musste, denn es macht als Alterswerk einer Band, die immer zwischen Punk und Indie, Herz und Kopf, balanciert hatte, absolut Sinn. Ein Album, das seine Schwächen hat, aber genug Selbstreflektion, neue Ideen und Gänsehautmomente (vgl. für alles drei „Nottbeck City Limits“) mitbringt, um einen dafür zu entschädigen.