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Acht Eimer Hühnerherzen und "Musik": Für Eigenbrötler

Eines kann man Acht Eimer Hühnerherzen nicht vorwerfen: Etikettenschwindel. Sie schreiben auf ihr neues Album, was drin ist. Nämlich „Musik“. Diese ist jedoch nicht ganz so leicht zu fassen, wie der Name vermuten lässt.

Das liegt vor allem an den sehr assoziativen Texten, in denen Sängerin und Akustik-Gitarristin Apokalypse Vega davon erzählt, wie… Na ja, wovon erzählt sie eigentlich? 

Die Texte, die im Stream of Consciousness selten ein Bild vollständig ausformulieren, vermitteln den Eindruck eines lyrischen Ichs, das auf der Suche nach seinem Platz in der Welt das Eigenbrötlertum kultiviert. Sich sicher ist, dass es "nicht langsam, nur zeitversetzt" handelt ("Zack Zack Zack") und meint: "Ich will nicht aufstehen, wenn ich schon lieg" ("Genug").

Trotz allem, was in der Welt passiert, ist das Hauptproblem gerade ein "Hautproblem" und dem Protest auf der "Straße der Gewalt" steht man mittlerweile kritisch gegenüber. "Satre" wäre stolz auf die Hühnerherzen, auch wenn sie seinen existentialistischen Schriften nicht unbedingt etwas abgewinnen können.

Eigenbrötlerisch sind nicht nur die Texte, sondern auch deren musikalische Untermalung: für die selbsternannten "Nylonsaiten-Punks" spielt natürlich Vegas akustische Gitarre weiterhin die Hauptrolle. Im Zusammenspiel mit Bassist Johnny Bottrop und Schlagzeuger Bene Diktator klingt das immer ein bisschen so, als hätten die Ramones in einem Paralleluniversum mal ein MTV-Unplugged-Konzert gespielt.

Dass dieses Konzept (Fans würden es minimalistisch nennen, Hater eingeschränkt) auf der dritten Platte nicht zu eintönig wird, ist unter anderem auch Produzent Kurt Ebelhäuser (u.a. Pascow und Donots)  zu verdanken. Dieser verpasst “Musik” einen im Vergleich zum Vorgängeralbum “Album” moderneren, druckvolleren Sound. Ob sich diese einzigartige Band unbedingt einen Gefallen damit getan hat, moderner und druckvoller (sprich, auch mehr wie andere Bands) zu klingen, ist jedoch fraglich.

Gut tut ihnen aber auf jeden Fall die Integration von neuen Instrumenten: Das Klavier und die Bläser passen gut zum “Requiem”, auf “Farben” gibt es gar ein E-Gitarrensolo. Immer wieder flirtet “Musik” auch mit Post-Punk, das abschließende “Na dann” erinnert mit zurückgenommenen Schlagzeug und gepickter Gitarre an Nico. So klingt “Musik” wie der logische nächste Schritt für eine Band, die trotz eindeutiger Albentitel nie zu berechenbar sein will.

Fazit

7.8
Wertung

Acht Eimer Hühnerherzen bleiben auch innerhalb einer alternativen Musikszene immer etwas abseitig. Und gerade das macht den Charme der Band und von “Musik” aus.

Steffen Schindler
5
Wertung

Punk ist Unperfekt. Das macht ihn so spannend. Doch jedes Ohr hört anders, ist mehr oder weniger kompatibel mit den eindringenden Klängen. "Musik" holt mich, ganz persönlich, nicht ab. Es wäre übertrieben von wirklich störend zu sprechen, aber genießen kann ich dieses Album auch nicht. Geht zwischendurch, fesselt mich aber nicht länger an sich. Leider...

Mark Schneider