Platz 1: Fjørt – „Couleur“
Wie gelingt es dieser unfassbaren Band nur, jedes Mal aufs Neue eine Platte zu erschaffen, die nicht nur innerhalb ihrer eigenen Diskographie neue Superlative definiert, sondern auch Maßstäbe eines ganzen Genres setzt? Seit Fjørts Debütalbum „D’accord“ aus dem Jahr 2014 ist der Post-Hardcore in seinen Grundfesten erschüttert, denn die Aachener nutzen sämtliche bereits vorhandene Exzellenz dieses Genres zu ihrem Vorteil, und vollbringen das Kunststück, dieser zerbrechlichen Musik mit fast schon shoegazig zarten Sound-Sphären eine ganz andere Dimension von Kraft zu verpassen. „Couleur“ lässt sich von diesen gewaltigen Vorschusslorbeeren nicht entmutigen und bringt es fertig, den Sound der Band noch um ein Vielfaches wachsen zu lassen. Songs wie „Bastion“ oder „Karat“ zeigen, zu welchen Großtaten Fjørt mittlerweile fähig sind. Noch krasser die Kontraste zwischen Brutalität und Sanftheit, noch ausformulierter sind sämtliche Ideale dieser Band. Das sieht man zum Beispiel im Vokalstil von Chris Hell und David Frings, der immer klarer und zielgerichteter zwischen gutturalen Schreien und erbittertem Sprechgesang pendelt. Wieder etwas widerspenstiger gibt sich hingegen das Songwriting der Band, das aber trotzdem nie etwas von seiner Leichtigkeit verliert und so die ideale Plattform für zauberhafte lyrische Dichtungen gibt. Wer geglaubt hat, dass Fjørt mit „Kontakt“ bereits ihren schöpferischen Höhepunkt erreicht hätten, den belehrt „Couleur“ eines Besseren: Die Band ist gerade erst mit ihrer Findungsphase fertig.