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Bent Knee und "Land Animal" - Artrock in Perfektion

Bent Knee graben für ihre Musik in einer Kiste mit unheimlich vielen Zutaten. Was die Band daraus erschafft, ist nicht weniger als eine der besten Platten des Jahres.
Bent Knee Land Animal Cover

Ambitionen sind in jedweder Form von Kunst das notwendige Mittel zur Großtat. Dass es trotzdem zahlreiche Bands mit scheinbar genialen Vorhaben nicht über durchschnittliche Ergebnisse bringen, ist die Schuld vielerlei Hindernisse. Großer Wille bringt noch lange nicht automatisch die nötigen Fähigkeiten mit. Zu gewagte Ideen scheitern oft an schlichter Überforderung. Und manchmal weisen theoretische Gedankengänge in der Realität schließlich doch in die verkehrte Richtung. Bent Knee schaffen es auf „Land Animal“ aber, all diese Hürden mit beinahe spielender Leichtigkeit zu überspringen. Die Visionen der Platte sind nicht weniger als gewaltig. Und trotzdem wirkt die Band in ihrer Performance durchweg wegweisend und absolut beeindruckend.

Besser als der Titeltrack kann wohl kein Song auf „Land Animal“ den Zauber von Bent Knee zusammenfassen – und trotzdem kann auch dieses eine Kapitel nur einen leichten Funken von dem preisgeben, was die Band in 51 Minuten auf ihrer vierten Platte präsentiert. Synthetisierte Streicher bäumen sich gemeinsam mit der virtuosen Stimme von Frontfrau Courtney Swain zu opulenten Klangwänden auf, bevor der Track urplötzlich eine Kehrtwende in einen völligen krummen und groovigen Rhythmus macht, der nur mit Drums und kurzen Gitarrenanschlägen herrlich verquer wirkt. Mit zielsicherer Bewegung schlägt der Song nach kurzer Zeit aber bereits wieder einen Haken in die umgekehrte Richtung. Zunächst mögen diese Wendungen völlig willkürlich erscheinen, sie beweisen aber in jeder weiteren Hör-Session mehr und mehr, wie logisch sie in Wahrheit sind.

Bent Knee - "Land Animal"

Die Fülle an Ideen von Bent Knee zieht sich dabei wie ein roter Faden voller Verwirrungen durch die Platte. Zu keinem Zeitpunkt wird die Band müde, ihre plötzlichen Überraschungen in den genau richtigen Augenblicken einzusetzen. So etwa in „Insides In“, das erst mit smoothem Jazz beginnt, dann mit finsteren Donnerschlägen aber plötzlich pompöse Cineastik und düster-gurgelnden Kehlkopfgesang einleitet. „Time Deer“ inszeniert schillernden Indierock und kündigt mit einem pompösen Crescendo das große Finale an, das aber genau auf dem Höhepunkt wirkungsvoll in Stille verpufft. „These Hands“ hüllt seinen großen Refrain in mysteriöse Hallschwadern und klingt schließlich mit bizarren und surrenden Electro-Sounds aus. All das erinnert nicht nur einmal an Steven Wilson, den wegweisenden Heroen des Prog. Das Bent Knee nicht einmal diesen Vergleich scheuen müssen, zeugt von ihrer Größe.

Was „Land Animal“ aber wirklich überragend macht, ist, dass sich die Band trotz ihrer schier endlos scheinenden Kreativität nicht in mechanischer Artrock-Mathematik verliert. Courtney Swain vermag ihre gefühlt hundert Lagen umfassende Stimme durchaus großflächig zu inszenieren, nimmt sich aber gleichzeitig in den entscheidenden Momenten angenehm zurück. Wenn Bent Knee sich in ihren lauten Exzessen in einen überwältigenden Schwall aus großer Orchestration entladen, entfaltet das keine Berechnung, sondern echte Gefühle. Eine solch genial konstruierte Platte nicht nur technisch brillant, sondern gleichzeitig echt und emotional zu inszenieren, das ist große Kunst. Das ist Musik.

Fazit

9
Wertung

Nach einer für mich musikalisch eher durchschnittlichen ersten Jahreshälfte haben Bent Knee endlich das erste Über-Album von 2017 geschaffen. "Land Animal" hat Virtuosität, Emotionen, große und kleine Momente, Spannung, Abwechslung, Kreativität und Einzigartigkeit. Mehr Superlative habe ich lange nicht mehr auf einer einzigen Platte gehört.

Jakob Uhlig
9
Wertung

"Land Animal" ist ein absolut spannendes Werk und erzählt unendlich viele Geschichten. Hier greift eine bezaubernde Stimme mit einer genialen instrumentalen Komposition ineinander und schafft es, mich zu verzaubern. Absolute Hörempfehlung für alle, die über den Tellerrand hinausschauen wollen.

Lucio Waßill