AdW: Wie war die Tour bisher?
Shane: Es war großartig! Richtig gut. Ich mein, jede Show ist ausverkauft und die Menschen sind richtig wild drauf. Das Motto der Tour lautet „For The Fans“, also versuchen wir ein paar Dinge zu ändern. Wir spielen Songs, die wir sonst nicht gespielt haben und ändern die Playlist von Gig zu Gig.
AdW: Klingt gut. Gibt es eigentlich einen spürbaren Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen oder kanadischen Fans, den du bemerkt hast?
Shane: Ja! Als erstes: Die deutschen Fans interessieren sich wirklich sehr für die Musik, die Show und die Band. All das, was du so versuchst zu machen. Weißt du, die wollen eine gute Zeit haben und alles, ja. Spaß haben und so, aber deutsche Fans wollen alles analysieren, es auseinandernehmen und mit der vorherigen Show vergleichen. Die sind so: „Oh ihr habt den Song gespielt. Diese Mal habt ihr den Song gespielt.“ und sie sind so…Ich kenn das Wort dafür nicht…aber sie erleben es sehr bewusst anstatt einfach zu sagen: „Ich geh zum Konzert und hab `ne geile Zeit.“ Oder so.
AdW: Ja, wir sind da sehr „german“.
Shane: (lacht) Ja, vielleicht ist es das. Da ist auf jeden Fall ein Unterschied, aber wir mögen das Interesse, sie nehmen es sehr ernst und das tun wir ja auch. Und auch wir machen uns Gedanken über all diese Sachen.
AdW: Habt ihr, wenn ihr auf Tour seid, überhaupt Zeit euch die Städte anzugucken oder ist es eher so - rein, Gig spielen und wieder weg?
Shane: Wir haben nicht so viel Zeit. Aber da gibt es mehrere Faktoren. Erstens ist das Wetter echt schrecklich. So viel Regen jeden Tag. Echt mies. Das ist kein Wetter, bei dem du rausschaust und denkst: „Oh, ich werde mal etwas spazieren gehen und mir die Stadt angucken.“ Das ist das erste. Zweitens waren wir schon überall, wo wir jetzt spielen. Wir haben es uns angeschaut. Ich werde das öfter gefragt und wenn ich in Paris bin werde ich mir nicht zum zwölften Mal den Eiffelturm ansehen. Ich mach lieber andere Sachen. Eher so Sachen die Einwohner machen. Oder probiere bestimmtes Essen oder Kaffee. Also Sachen, die spezifisch für eine Stadt sind. Was Touristen-Sachen angeht hab ich alles gemacht oder kein Interesse mehr.
AdW: Du hast Essen erwähnt. Gibt es denn deutsches Essen, das du magst?
Shane: Speziell deutsch? Weiß ich gar nicht. Ich mein, ich mag Bretzeln und Bier. Aber immer wenn wir in Deutschland spielen, das gibt es nicht überall auf der Welt, kochen sie uns dieses echt gute Essen. Es gibt immer einen Koch der für die Bands Essen macht. In den USA bekommst du einfach 10$ und dann musst du dir was kaufen. Was zur Hölle gibt es denn schon für 10$? Also kaufst du am Ende immer ein schäbiges Kebap oder so.
AdW: Wendy‘s und so.
Shane: Oh ja, genau, oder sowas. Es ist wirklich angenehm, dieses leckere gekochte Essen jeden Tag zu bekommen. Das ist etwas, auf dass wir uns immer freuen, wenn wir herkommen. Ich hatte gerade erst dieses tolle vegane Seitansteak mit Kartoffeln und Salat, dort den Gang runter. Es war einfach ein richtig leckeres Essen und sie haben speziell für uns vegan und vegetarisch gekocht. Das ist wirklich toll.
AdW: Ok, jetzt hast du schon meine nächste Frage vorweggenommen.
Shane: Oh, sorry.
AdW: Ja, ich habe da ein altes Bild von Euch gefunden, auf dem ihr für PETA werbt und wollte eigentlich nach deinem Ernährungsstil fragen. Dann zur nächsten Frage. Was hält dich auf der Straße? Ihr macht seit 17 Jahren Musik mit Silverstein. Ist es immer noch der Traumjob oder gibt’s auch Tage, an denen du dir denkst: „Kein Bock mehr, ich kündige“, so wie in jedem anderen Beruf?
Shane: Nein, nie so schlimm. Natürlich gibt es mal bessere Tage und mal nicht. Manchmal hast du einen schlechten Tag, an dem nichts richtig läuft. Vielleicht wegen irgendwas zu Hause, was dich beschäftigt oder wenn du merkst, dass du jemanden wirklich vermisst. Die Freundin oder Familie zu vermissen oder eine Familienfeier zu verpassen ist eigentlich das, was am meisten an diesem Job nervt. Aber wir würden es nie ändern oder aufhören. Wir haben zu viel Spaß dabei. Musik machen, alles was wir machen, macht wirklich Spaß. Wir tun das schon so lange und wir haben nie aufgehört oder eine Pause eingelegt und wir genießen es einfach.
AdW: Ich habe ein Interview vom letzten Jahr mit dir gelesen, in welchem es um Trump ging. Jetzt hatten wir die Bundestagswahl und die rechte AfD hat es in den deutschen Bundestag geschafft. Merkt ihr etwas vom Rechtsruck in der Welt?
Shane: Ja, ich denke das ist echt verdammt schrecklich. Ich kann mir nicht erklären wo das herkam. Vor allem in Deutschland. Eure Geschichte ist weltweit recht bekannt und man denkt ihr hättet eher verstanden, nicht dahin zu gehen, wo es die USA hintreibt, wenn es verdammte Naziaufmärsche gibt. Das ist so verrückt. Ich habe Deutschland speziell, aber eigentlich die meisten europäischen Länder, als politisch sehr progressiv und vorwärtsdenkend empfunden. Ähnlich wie Kanada in vielen Bereichen. Jetzt sieht es so als aus als würde die USA sich rückwärts entwickeln. Und wenn das in Deutschland und in Europa passiert…ich fühl mich da unwohl. Ich dachte immer die schlechten Dinge würden vertrieben werden und wir würden auf etwas Gutes und Schönes hinarbeiten. Ich dachte, wir sind auf dem richtigen Weg und plötzlich sind wir es nicht. Das ist verstörend.
AdW: Absolut. Völlig andere Frage. Stört es Euch, wenn die Öffentlichkeit euch nach wie vor als „Emo“ bezeichnet?
Shane: Das ist uns egal. Als wir 2000 anfingen waren wir vermutlich eine Emo-Band oder nannten uns so. Unsere Musik hat sich über die Jahre weiterentwickelt und wir wissen nicht was wir sind. Wenn die Leute uns eine Emo-Band nennen wollen, okay. Wenn sie uns als Screamo-Band bezeichnen, auch okay. Wenn sie uns als Rockband sehen ist es auch egal. Wir haben Elemente verschiedener Musikstile. Da ist dieses Problem. Ich denke, dass Bands, die einen bestimmten Stil als „Label“ haben, neigen eher dazu, langweilig zu sein. Dass wir keinen festen Stil haben spricht also für uns. Es zeigt, dass unsere Musik hoffentlich etwas interessanter ist. „Yeah, wir sind `ne Punkband und wir probieren nichts neu oder anders zu machen“, während wir auf vielen Gleisen fahren. Das ist etwas, was wir immer genossen haben und worauf wir stolz sind. Auf einem Album haben wir eine breite Masse an Richtungen.