Silverstein im Conne Island Leipzig: Endlich vereint

Endlich lassen sich Silverstein mal wieder in Europa blicken und stoppen mit ihrem fetten Tourpaket und ihrem aktuellen Album "Misery Made Me" im Leipziger Conne Island. Das wird ein Fest und Dave ist mittendrin.

Seit ungefähr fünf Jahren befinden sich Silverstein ungeschlagen auf dem ersten Platz meiner Spotify-Jahresrückblicke. Trotzdem habe ich es bisher jedes Mal nicht geschafft, sie live zu erleben. Immer wieder verpasst, beim Impericon Festival 2018(?) draußen verquatscht oder durch mangelndes Geld nicht erleben können. Aber nun endlich, nach knappen sechs Jahren der absoluten Liebe, kommen sie endlich wieder nach Leipzig, bringen ihr fantastisches Album „Misery Made Me“ mit und ich kann sogar dabei sein. Ach ist dat schön.

Koyo

Im Conne Island angekommen starten dann auch KOYO aus New York relativ schnell. Die erste von ganzen drei Supportbands liefert der noch etwas dünnen Crowd eher unspektakulären Pop-Punk mit Hardcore-Einflüssen. Frontmann Hugh Edwards versucht dabei immer wieder, die sich langsam füllende Crowd zum Mitmachen zu bewegen, was eher weniger klappt. Dazu kommen noch starke Soundprobleme, was die Ansagen und Vocals fast obsolet macht, da sie kaum zu verstehen sind. Schade, aber Casey haben mich bereits 2016 im Conne Island gelehrt, dass ich mir solche Supportbands noch einmal anhören sollte. Es könnte ein Juwel hinter ihnen stecken.

Senses Fail

Band Zwei sind die ziemlich bekannten Post-Hardcore-Urgesteine Senses Fail aus New Jersey. Die Powergruppe um Sänger James Nielsen hat sich länger nicht in Deutschland blicken lassen, was wohl auch an der letzten (katastrophal schlecht besuchten) Deutschlandtour lag. Ihr Set besteht aus Songs ihres aktuellen Albums „Hell Is In Your Head“ und Klassikern, welche ich kannte, ohne zu wissen, dass die Songs von Senses Fail sind. Die Bühnenpräsenz ist dann hier um einiges höher und die Crowd ist nun da und hat wohl teilweise auf die Band gewartet. Alle springen herum, egal ob auf oder vor der Bühne, da fliegt das Mikro quer durch den Raum, da werden Räder geschlagen, da wird ästhetisch getanzt, jedoch täuscht das nicht über den Sound hinweg. Nicht nur ist erneut die Stimme ein großes Problem, welches nun aber nicht mehr ganz so kritisch ist, sondern auch der Gesang an sich. Das klingt teilweise einfach nicht gut, schief und manche Screams sitzen so überhaupt nicht. Geht die Tour zu lang? Ist die Lust nicht da? Oder klingt die Band wirklich immer so? Das sind Fragen, welche ich mir nicht beantworten kann, auf jeden Fall klingen Senses Fail im Conne Island eher schlecht und überzeugen nur durch ihre Bühnenpräsenz etwas.

Comeback Kid

Dann aber begeben wir uns zumindest im Programm auf einen Höhepunkt. Mit Comeback Kid hat man sich einen musikalisch eher unpassenden Hauptsupport ausgesucht, welcher allerdings trotzdem ordentlich knallen soll, denn die Kanadier um Andrew Neufeld sind eine DER Oldschool-Hardcore-Bands und haben das Conne Island schon allein oft bis zur Decke gefüllt. Sie beginnen mit dem Titeltrack ihres aktuellen Albums „Heavy Steps“ und sofort beginnt die Crowd sich dazu möglichst brutal zu bewegen und wirft sämtliche Körperteile um sich, was sich bis zum letzten Song „Wake The Dead“ nicht ändert. Dabei ist der Sound ab hier on Point. Vocals sitzen, Instrumental knallt aber überschattet nicht und auch die Atmosphäre stimmt endlich. Allerdings gibt es ein Problem: Man merkt recht schnell, dass der geneigte Silverstein-Fan nicht unbedingt damit vertraut ist, was auf so einer Hardcoreshow passiert. Als passendes Beispiel fällt mir da dieser eine Typ ein, welcher ganze dreimal versucht zu stagediven und jedes Mal durchfällt, weil niemand direkt vor der Bühne erwartet, wie schnell bei Hardcore-Shows gestagedived wird. Hier kommt auch wieder das Problem zu tragen, dass einige Menschen nicht unbedingt lange genug nachdenken. Da wird zweimal hintereinander auf offensichtlich kleine Menschen gesprungen, es werden Leute, die darauf keine Lust haben, in den aggressiven Pit gezogen und da werden Tritte in Schienbeinhöhe verteilt, obwohl man wusste, dass Menschen hinter einem stehen. Verstehe ich alles nicht, aber na ja, muss man selbst wissen, ob man so sein will. Trotzdem fantastischer Support.

Silverstein

Nach kurzer Pause und dem Austausch der Comeback-Kid-Fans mit den Silverstein-Leuten geht es auch schon los mit dem Mainact. Überraschend beginnen die Kanadier mit „Infinite“, der ersten Single ihres eher weniger beliebten Albums „A Beautiful Place To Drown“. Unerwartet, da es ja nicht unbedingt der schnellste und passendste Song ist, vor allem, da man ja auf dem aktuellen Album den Song „Our Song“ hat, welcher dann doch um einiges besser gepasst hätte. Der Masse ist das aber ziemlich egal. Sofort wird gemosht was die Knochen nach Comeback Kid noch hergeben. Es folgt ein stark gemischtes Set aus 22 Jahren Bandgeschichte. Sowohl Songs wie „Smile In Your Sleep“ oder „Your Sword Versus My Dagger“, welche ja nun schon fast Oldies sind, als auch „Ultraviolet“ oder „Die Alone“, welcher natürlich mit Andrew Neufeld aufgeführt wird, treffen auf Textsicherheit und Euphorie. Überraschend wird mit „The Altar/Mary“, auch der bekanntlich beste Song des aktuellen Albums gespielt, der klar das das Highlight des Sets bildet. Begünstigt wird diese Wertung sowohl durch die Härte des Tracks als auch atmosphärisch durch den zweiten Teil, welcher einen Vibe verbreitet, der durch den Chor im Publikum seinesgleichen sucht. Dass unmittelbar danach „My Heroine“ folgt ist nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Silverstein enden dann gewohnt mit „The Afterglow“ und lassen nur über das relativ kurze Set wundern, welches vor allem dann noch mal komisch wirkt, wenn man bemerkt, dass die Band mittlerweile elf Alben in der Hinterhand hat.

Immer wieder habe ich gelesen, wie schlecht Silverstein live sein sollen, sowohl von ihrem Auftritt als auch des Sounds. Nun ja, das ist ziemlich großer Quatsch. Die Kanadier bringen hier knapp über eine Stunde sympathische Ansagen, eine starke Setlist mit Überraschungen und Klassikern und einem ziemlich guten Sound. Dabei ist Sänger Shane immer ziemlich nahe am Publikum, klatscht mit ihnen ab und hat sichtlich Spaß am Abend. Bis auf die Länge des Konzerts gibt es ziemlich wenig auszusetzen, was durch das Publikum noch einmal verstärkt wirkt, weil es einfach wahnsinnigen Bock hat. Alles in allem fing der Abend mittelmäßig an und legte ab Comeback Kid dann einen nicht endenden Senkrechtstart hin.