Im Kreuzverhör

Im Kreuzverhör #34: LaBrassBanda und "Habediehre"

Einmal monatlich stellt sich die Redaktion gemeinsam Platten außerhalb ihrer Komfortzone. Dieses Mal wirft Jannika bayrische Blasmusik von LaBrassBanda in den Ring.

Mit "Habediehre" von LaBrassBanda verbinde ich erstaunlich viele Kindheitserinnerungen. Das Album war die CD, die wir aus der Auto-CD-Mappe -  gespickt mit selbstgebrannten CDs und ganz viel Ritter Rost - vermutlich am häufigsten gezogen haben. Die Tracklist konnten mein Bruder und ich schnell auswendig, und Kilometer um Kilometer wurden Hits wie "Autobahn" und "Natalie" lautstark gefordert. Wir verstanden beide trotz unserer Heimat Franken von den natürlich sehr tiefgründigen Texten absolut nichts. Oberbayrisch ist dann halt doch nochmal ein ganz anderes Level an Unverständlichkeit. Und tatsächlich habe ich meine allererste Liveerfahrung LaBrassBanda zu verdanken. Das Bad Windsheimer Weinturm Open Air 2009, hier war mein erstes Konzert (ich war acht) und hier habe ich genau diese oberbayrische Blaskapelle gesehen. Damals, als man als nicht so große Person noch was von der Bühne gesehen hat, weil man bequem auf diversen Schultern Platz gefunden hat. Und auch da habe ich das gerade ein Jahr alte Album "Habediehre" total gefeiert. Neben den ersten Festivalerfahrungen, die meine Beziehung zu Alkohol früh geprägt haben (ein Betrunkener ist dem Strahl seiner eigenen Taschenlampe hinterhergetorkelt) habe ich die "fetzige" Blasmusik genossen - die ich zugegebenermaßen auch heute noch nicht hören kann, ohne mindestens den kleinen Zeh zu bewegen. 

Um gleich mal eines vorwegzunehmen: Ich bin Blasmusik gar nicht per se abgeneigt, nicht mal wenn sie aus Alpenregionen kommt. Das Debütalbum des Schweizers Faber fand ich zum Beispiel super. Doch bei dieser Weißwürstchenbande, die Jannika da mit ins Kreuzverhör gebracht hat, will mir das partout nicht gelingen. Liegt es an der Sprache? Vielleicht, immerhin verstehe ich von den Texten auf „Habediehre“ in etwa so viel wie bei holländischen Radiosendern und ich kann nicht mal holländisch. Dazu ist mir das Bayrische im Gegensatz zu unserer Nachbarsprache von Natur aus eher unsympathisch, irgendwie muss ich dabei zwangsläufig an schmierige Sportfunktionäre und aggressiv gemütliche Saufköpfe denken. Doch auch der Sound ist so ein Thema, denn „Habediehre“ klingt – für eine Brass-Band – erstaunlich kraftlos. Schon klar, die Wucht einer Live-Performance lässt sich nie ganz auf Platte bannen, doch zum Hintergrundgedudel taugt es dann auch wieder nicht, zu raumeinehmend ist das Getute. Wozu also dieses Album?

Mit LaBrassBandas “Habediehre” gibt es (Achtung: Ironie) endlich mal wieder Mundart im Kreuzverhör. Nicht, dass ich grundsätzlich voreingenommen gegenüber süddeutscher Blaskapellen wäre, aber ich muss schon zugeben, dass die grüne Kuh auf dem Cover mich nicht unbedingt neugierig gemacht hat. Ähnlich wie bei Felix ist für mich die Musik von Faber das höchste der Gefühle was Brass angeht. Aber ist ja schön, dass es mit LaBrassBanda jetzt eine politisch akzeptable Alternative für Leute gibt, die aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen etwas für Andreas Gabalier übrig haben. “Habediehre” trifft akustisch irgendwie so einen nervigen Zwischenton. Nicht monoton und langweilig genug, um auf Dauer in den Hintergrund zu fallen, aber definitiv nicht interessant genug für irgendeine aktive Auseinandersetzung. Und dann wird auch noch gejodelt, muss das wirklich sein? Anders als Felix und Jannika habe ich mir tatsächlich Mühe gegeben, die Texte zu verstehen. Denn wer weiß, vielleicht sind die Oberbayern ja große Poeten. Leider ist das (zumindest soweit ich verstehen konnte) nicht wirklich der Fall. Ganz im Gegenteil, denn Lyrics wie die von “Aussenriess” kann ich nur mit den Prädikaten plump und objektifizierend bezeichnen.