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Sondaschule und "Unbesiegbar": Jetzt kommen die guten Zeiten!

Es ist fast 20 Jahre her, dass die ersten Klänge der ewigen Hymne "Sondaschule" das Licht der Welt erblickten. Vieles ist seitdem passiert, vieles hat sich verändert. Die Sondaschule steht dennoch zusammen und veröffentlicht mit Verspätung ihr neues Werk "Unbesiegbar".

Es liegen turbulente Zeiten hinter den Jungs aus Mülheim an der Ruhr. Es wurde viel berichtet, viel Anteil an der jüngeren Geschichte der Band genommen. Als wäre all das noch nicht genug gewesen, sorgte die anhaltende Pandemie für die Verschiebung des Veröffentlichungstermins von "Unbesiegbar". Ursprünglich für den Januar 2022 geplant, war eine Verlegung in den Februar aufgrund von Produktionsproblemen unausweichlich. Auf die aktuell bei jedem Release erträumte Tour zum Album braucht man zurzeit gar nicht eingehen. Was also machen, wenn das Schicksal scheinbar komplett gegen einen ist? Richtig: Das Beste daraus machen muss die Devise sein! Und diese Devise setzt dieses Album mehr als bravourös um.

Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man eine gute, langjährige Freundin erwarten. Auch wenn das letzte Studioalbum "Schere, Stein, Papier" in diesem Jahr unglaubliche fünf Jahre alt wird, hat man sich doch in der Zwischenzeit immer mal wieder gesehen. Man traf sich im Jahr 2018 auf ein Kaltgetränk zur Akustiktour, kramte im Jahr 2020 zusammen in alten Erinnerungen ("Lost Tapes 2") und spürte dieses ganz besondere Kribbeln im Bauch, als die Nachricht endlich kam: Man sieht sich im Jahr 2022 wieder. Die Wartezeit bis dahin verkürzt diese enge Freundin namens Sondaschule damit, dass sie allen, die sie sehnsüchtig erwarten, regelmäßig Postkarten in digitaler Form zuschickt. Bereits im Juni 2021 flatterte die erste davon durch das Internet und verkündete die Nachricht, dass es eine Miniserie zum Album und quasi als Countdown bis zum Release regelmäßige Folgen und Musikvideos geben wird. Und auch wenn der Welt dadurch bereits neun Titel des Albums bekannt sind, bleiben noch fünf Anekdoten zu erzählen.

Nun sind sie also endlich da: 44 Minuten und 36 Sekunden neue Musik von Sondaschule. Und auch wenn die jüngere Vergangenheit alles andere als einfach war, ist der Grundtenor auf "Unbesiegbar" überraschend positiv. So klingt sogar der einzige mit Kritik an reichen Schnöseln mit großem Mundwerk und Verschwörungstheoretikern gespickte Song "Merkst Du nicht" rein musikalisch nach einem Grund zum Feiern. Die ganz tiefgründige, politische Hymne wie "Ostberlin" auf "Schere, Stein, Papier" sucht man auf diesem Album jedoch vergeblich. Den Grund dafür liefern Sondaschule jedoch direkt mit: Nachdem das gut eine Minute andauernde Intro mit einer Schulklingel endet und das Album im wahrsten Sinne einläutet, macht bereits "Gute Zeiten" klar, was man hier zu erwarten hat. Es geht trotz aller Begleitumstände druckvoll und laut in eine bessere, gute Zeit, und die soll gefeiert werden. Jetzt erst recht. Die Band bestätigt ihren Wiedererkennungswert und man weiß sofort nach erstmalig eingesetzter Posaune und dank Costas markanter Stimme, mit wem man es nach wie vor zutun hat. "Die Welt gehört uns, wir waren nur zu bescheiden! / Die Welt gehört uns, jetzt kommen die guten Zeiten!". Das klingt vertont genauso selbstbewusst, wie es sich liest.

Es sind die angesprochenen guten Vibes, die sich über den größten Teil von "Unbesiegbar" ziehen. Und auch wenn der Tod ("Bevor ich irgendwann mal geh") für ein paar Minuten eine Rolle spielt und zwischenmenschlich nicht immer alles rund läuft ("Morgens um halb 4"), verpacken die Mülheimer das alles in positive, energetische Klangmuster, die die Herzen der Ska-Liebhaber*innen höher schlagen lassen. An vielen Stellen bewegen sich diese Klangmuster weg von reinen Punkrocknummern und hin zu kleinen Hymnen. Es ist dabei das große WIR-Gefühl, welches dominiert. Sei es im bereits veröffentlichten "Beverly Hills", welches dazu auffordert, sich gemeinsam "die Lichter auszuschießen und durch die Nacht zu treiben", oder "Liebe für die Freaks", das die grundsätzliche Offenheit gegenüber jedem betont. Es geht in schwierigen Zeiten nur zusammen. Niemand wird zurückgelassen, jeder der möchte mitgenommen ("Bis hierhin war ich ganz alleine auf der Suche nach dem Glück / Und wenn du auch noch nichts gefunden hast, dann komm doch einfach mit!" - "Gute Zeiten"). Sondaschule bleiben sich in ihren musikalischen Prinzipien treu, klingen jedoch gleichzeitig dank sauberer und satter Produktion besser denn je.

So sieht man sich also endlich wieder. Jetzt steht sie wieder vor einem, diese gute, langjährige Freundin namens Sondaschule. Und der erste greifbare Gedanke, der durch den Kopf schießt, lautet: "Verdammt, siehst du immer noch gut aus!" Trotz allem.

Fazit

8.4
Wertung

Dieses Album habe ich lange erwartet und wurde keineswegs enttäuscht. Sondaschule sind ernsthaft so gut wie nie. Auch wenn sich die Themen wandeln, bleibt der Inhalt großartig. Der Nachteil: Ab jetzt will ich diese Band noch sehnlicher endlich auf der Bühne erleben. Also ohne akustisch aufzutreten, so richtig mit Schubsen.

Mark Schneider