„Scheine in den Graben“ fällt durch die Liste der Gastmusiker auf, welche sich im letzten Refrain des Titels die Klinke in die Hand geben. Jen von Großstadtgeflüster, Bela B, Jörkk von Love A, Sookee, Felix von Kraftklub, Marie von Neonschwarz, Gisbert zu Knyphausen und Safi teilen sich diesen Refrain untereinander auf, im Hintergrund des Songs schreit David von Fjørt, die dritte Strophe singt Schorsch Kamerun. Eine wohl einzigartige Kombination in einem Track über Wohltätigkeitsaktionen und die Frage danach, ob es vertretbar ist, sich mit wohltätigem Handeln auch noch zu brüsten. Kettcar stellen wie so oft kritische Fragen über Verhaltensmuster und Gewohnheiten. „Notiz an mich selbst“ kommt als dritter Titel ohne gesprochene Strophen und Gastmusiker aus. Kettcar schreiben dafür einen tiefgründigen und ausgefeilten Text über das Hinterfragen der eigenen Selbstverwirklichung. Was wäre gewesen, wenn? Wer weiß.
In „Natürlich für alle“ gehen Kettcar eine Runde Einkaufen und stellen das Konsumverhalten und dessen Auswirkung in Frage. „Im Wagen die Bessere-Welt-Waren, durch den Supermarkt fahren. Jeder ausgegebene Cent noch ein Statement, jeder Euro benennt konsequent unser gutes Verbrauchen. Es ist nicht das was verkauft wird, nur das was wir kaufen.“ Die Frage danach, ob das eigene Konsumverhalten eine Änderung in der Welt, in Herstellung von Lebensmitteln und Waren bringen kann, steht im Vordergrund. Den Schlusspunkt setzt der sensible, ruhige Titel „Weit draußen“. Thematisiert wird das Wiedersehen mit einer alten Freundin, die mit ihrem behinderten Sohn aufs Land zieht, um dem eigenen Scham und den Blicken anderer zu entfliehen. Begleitet wird der Titel dabei nur mit Akustikgitarre und Piano. Ein musikalisch wunderschöner Song, der zum Ende der EP richtig emotional stimmt und die Hörerschaft in die besungene Situation hineinversetzt. Lässt man sich darauf ein, muss man sich für die ein oder andere Träne keineswegs schämen.