5 Jahre, 50 Platten: Die denkwürdigsten Alben der Woche (Teil 4)

Im vierten Teil unseres großen Rückblicks schauen wir auf das Album mit der höchsten Wertung, die es je bei Album der Woche gegeben hat, erstaunlich viel Rap und das einzige Live-Album der gesamten Liste.
  • Tua - "Tua"

    Tua Album Cover

    Tuas selbstbetiteltes Album ist so viel mehr als eine Deutschrap-Platte. Es ist ein Gesamtkunstwerk mit nahezu manischer Liebe zum Detail, eine Lebensgeschichte auf schwarzem Vinyl, erzählt in 12 Episoden, die facettenreicher nicht sein könnten. Tua erfindet deutschen Pop neu und schweißt ihn mit Beatgewittern, 7-minütigen Experimental-Tracks und Singer/Songwriter-Passagen zu einem nahtlos gelungenem Konzeptalbum zusammen.

    - Felix ten Thoren

  • Primetime Failure - "Memory Lane"

    Es ist unglaublich, dass "Memory Lane" in der Nähe von Bielefeld entstanden ist. Der Sound von "Primetime Failure" klingt so extrem und so gut nach dem amerikanischen Skate-Punk der Neunziger, dass es gar nicht oft genug betont werden kann. Ohne das Rad (beziehungsweise das Genre) neu zu erfinden, lassen eingängige Gitarrenriffs mit zweistimmigem Gesang sommerliche Gefühle entstehen. Die Kombination aus lauem Sommerabend, Dosenbier und Primetime Failure ist definitiv nicht von schlechten Eltern!

    - Mark Schneider

  • Fatoni - "Andorra"

    Hinter dem Cover, gezeichnet von Beatles-Freund Klaus Voormann, liegen Ironie und Ehrlichkeit ganz nah beieinander. Zwischen zeitgemäßen Beats und LoFi-Gitarren reflektiert Fatoni über seine Vergangenheit und seine Gegenwart, über Dieter Bohlen, das Impostersyndrom und Verschwörungstheorien.

    - Steffen Schindler

  • Press Club - "Wasted Energy"

    Press Club Wasted Energy

    Press Club haben sich so schnell in mein Herz gespielt wie schon lange keine Band es mehr. Diese enorm rohe Energie auf ihren Konzerten bannt die Band auch auf ihr zweites Album Wasted Energy. Der Nachfolger von Late Teens lässt rotzigen Garage-Punkrock durch die Boxen dröhnen und lies die Band in Europa richtig durchstarten.

    - Lucio Waßill

  • Kora Winter - "Bitter"

    Kora Winter Bitter Cover

    Auch mehr als ein Jahr nach dem Release gilt Kora Winters "Bitter" als erste und nach wie vor einzige Platte mit einer 10/10-Wertung bei Album der Woche als vielreferenzierter Meilenstein. Selten fanden so viele komplizierte Gratwanderungen innerhalb eines einzelnen Werks so treffsicher ihre perfekt austarierte Mitte: Maximale Härte trifft auf zarte Zerbrechlichkeit, Komplexität hält sich mit emotionaler Zugänglichkeit die Waage. Das Debüt dieser immer noch viel zu unbekannten Band aus Berlin demonstriert eindrucksvoll, wieso es sich immer lohnt, den Underground im Auge zu behalten. Wem nach der keifenden Hookline des Titeltracks nicht in Ehrfurcht der Angstschweiß auf der Stirn steht, der hat Metal nie geliebt.

    - Jakob Uhlig

  • Kummer - "Kiox"

    Der - in diesem Fall hier irreführende - "Nicht die Musik die Du suchst"-Ausruf vom Kraftklub Frontmann ist alles was man braucht. Ein großartiges Album mit starker Lyrik. Endlich guter Deutschrap und kein verträumt-mumbelndes Geschwafel. Tiefgründig, emotional und mit Überraschungen hier und da (wie zb. ein Feature mit Max Raabe) ist "KIOX" einfach nur toll. Gerne mehr davon.

     

    - Jan-Severin Irsch

  • Coilguns - "Watchwinders"

    Teile unserer Redaktion haben eine deutliche Schwäche für anstrengende Noise-Feuerwerke. Ein Geheimtipp in dieser Hinsicht sind immer noch Coilguns, die mit "Watchwinders" eine der wohl markerschütterndsten Platten der letzten Jahre hinlegten. Beeindruckend ist das Album vor allem deswegen, weil man unter dem martialischen Sound-Chaos enorm viel Planungssicherheit und Gedanken vermuten kann. Ein bemerkenswerter Spagat, der dieses Werk mehr als hörenswert macht.

    - Jakob Uhlig

  • Kettcar - "...und das geht so"

    Besser hätten sich Kettcar in die erneute Pause auf unbestimmte Zeit nicht verabschieden können. 21 Live-Songs, quer durch die gesamte Schaffensphase der Hamburger, betonen die kreative Vielfalt dieser Band. Dass Kettcar die Momente zwischen den Songs mit humorvollen Geschichten und tiefen Einblicken füllen, macht das Werk umso besonderer. Die inhaltlich wirklich wichtigen Songs wie "Der Tag wird kommen" und "Sommer 89" sitzen aber genauso und verlieren zum Glück auch live nicht ihre Ernsthaftigkeit.

    - Mark Schneider

  • The Deadnotes - "Courage"

    The Deadnotes - "Courage"

    Beim Hören dieses packenden, hochemotionalen Indie-Albums kann man kaum glauben, dass die drei Deadnotes erst Anfang 20 sind. Die Songs mit ihren wunderbar verwinkelten Arrangements klingen ausgereift und erwachsen. Dass die Band schon lange zusammen spielt, merkt man ihr an. Die Texte verraten, dass sie in dieser Zeit auch viel Negatives erlebt haben. Und mit viel DIY-Spirit entstand daraus ein Album, dass Mut macht.

    - Steffen Schindler

  • Das Ding ausm Sumpf - "Kränk"

    Das Ding ausm Sumpf hat mit „kränk“ ein Kontrastprogramm zum Mainstream Deutschrap geliefert, indem er mit Verstand gegen Rechtsruck und Fremdenfeindlichkeit rappt. Mit viel Ernsthaftigkeit, aber auch einem gewissen Hang zum Wahnsinn, stellt sich Das Ding ausm Sumpf seinen „Hatern“ und macht genau das, wovon ihm alle abraten: Weg vom sicheren Job und ab jetzt nur noch von und für Musik leben. Statt den immer gleichen platten Phrasen, verpackt der Rapper neue Denkanstöße in seine Texte und sticht so aus der Masse heraus. Damit beweist er, dass man das machen sollte, was man wirklich will, auch wenn dieses Ziel sehr schwierig zu verwirklichen ist.

    - Paula Thode