Forkupines und "Here, Away From": Zwischen den Welten

Forkupines wurde stehen musikalisch zwischen den Stühlen. Ihre ganz eigene Mischung reicht von Alternative, Emo bis hin zum Post-Hardcore, gepaart mit Popanleihen. Nach unzähligen Konzerten und zwei EPs haben die drei Jungs nun ein Album „Here, Away From“ mit elf Songs geschaffen.
Forkupines Here Away From Cover

Los geht es mit „A Perfect Match“, einem tanzbaren Rocksong mit mehrstimmigem Chorus und einem prominenten Bass. Schon hier zeigt sich ein Sound, welcher wohl nicht umsonst etwas an Biffy Clyro erinnert, ohne dabei wie eine Kopie zu klingen. „Crows“ geht deutlich nach vorn und überwältigt den Hörer mit einer Wand aus Gitarrensound und ruhigen Passagen dazwischen. Neben cleanem Gesang und Mehrstimmigkeit gibt es hier auch eine Schreipassage, welche gefällt und die Wandlungsfähigkeit der Band zeigt. In „Put Me Through“ regiert die Melancholie und die Stimmbänder werden immer wieder bis an die Belastungsgrenzen gebracht. Ein unglaublich starker Song mit guten Wechseln in Geschwindigkeit und Sound, ohne dabei abgehackt zu klingen.

Deutlich sanfter geht es mit „The Good Fight“ weiter. Ein reinrassiger Alternative-Rocksong mit flottem Chorus und tanzbarem Beat. „Everything I’ve Become“ beginnt schwermütig und bedrückend mit harten Tönen und einem vordergründigen Bassspiel. Unterbrochen wird die Düsternis nur durch den Chorus, der die Stimmung minimal hebt, jedoch dunkel bleibt. Die Ballade „One By One“ wirkt durch die nur punktuell eingesetzten Saiteninstrumente in der Strophe sehr minimalistisch. Im Chorus drehen die Jungs dann wieder voll auf und hauen alle Effekte auf die Gitarre. Am Ende wandelt sich der Gesang in verzweifeltes Geschrei, was dem Song noch mehr Stimmung verleiht.

Mit etwas gehobenerer Stimmung geht es in „By The Sea“ wieder mehr nach vorn. Musikalisch driftet der Song schon fast etwas in den Pop-Punk ab und erinnert etwas an ältere Blink-182-Songs. In „Crosses, Gates and Debt“ gibt es ein gezupftes Gitarrenspiel und Lärm im Wechsel. Stimmlich regiert die Melancholie. Stimmung und Text passen hier einwandfrei zusammen. Mit „Wishful Drinking“ schwingt sich die Platte plötzlich wieder auf die Tanzfläche und liefert einen Song, bei dem man mit geschlossenen Augen auf der Tanzfläche die Haare hin und her werfen will.

Ähnlich tanzbar geht es mit „Paper Towns“ weiter und auch hier wippt der Fuß unbewusst mit, während der Sänger seine Seele ausschüttet. Die Stimmung steht in leichter Differenz zum Text und gerade dies macht es so interessant. „Stay The Night“ ist der letzte Song. Er schließt das Album mit einer gezupften Ballade ab, welche hin und wieder in raue Töne abwandert, jedoch nie die Stimmung verlässt und durch den Gesang getragen wird.

Musikalisch bekommt man hier lupenreinen Alternative-Rock geboten. Die Gitarre ist teils clean gezupft, teils mit Effekten wie Chorus und Distortion beladen. Es wird kein übertriebenes Effektfeuerwerk abgefeuert, wodurch sich ein schneller Zugang zur Musik ergibt. Dem in Nichts nachstehend liefert auch der Bass einen wichtigen Teil ab und ist oftmals präsenter als bei den meisten Bands. Die Drums kommen vor allem in den Balladen und harten Passagen zur Geltung und auch hier zeigen sich technische Raffinesse und Können.Stimmlich bieten Forkupines eine große Bandbreite an. Von sauberem, sanften Gesang über laute Reibeisentöne bis hin zum Schreien gibt es hier alles.

Textlich gibt es auch nichts zu meckern. Intelligent geschrieben, nahbar und teilweise mit Wortwitz versehen, legen sich die Texte auf die Melodien und verschmelzen zu tollen Songs.Zeilen „We were the perfect match, that’s why we burned out“ aus dem Song „A Perfect Match“ beweisen das textschreiberische Können mit Augenzwinkern. Es geht um Liebe, Selbstzweifel und die Versuche, in der Welt klarzukommen. Keine textliche Revolution, aber gut und nachfühlbar verfasst, so dass man sich in den Texten wiederfinden kann.

Forkupines als die deutsche Version von Biffy Clyro zu bezeichnen wäre falsch, da sie ihren ganz eigenen Stil und Charme haben und sich mit „Here, Away From“ ein sehr gutes Erstlingswerk geschaffen haben. Melodie und Melancholie gehen hier Hand in Hand und wenn der elfte Song vorbei ist, will man wieder von vorn beginnen.

Fazit

8.2
Wertung

Alternative aus Niedersachsen, welcher sich vor der weltweiten Konkurrenz nicht verstecken muss. Wer facettenreiche Rockmusik mit guten Texten will, sollte zugreifen.

Johannes Kley