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Dave Hause und „Kick“: Ein leises „Faust hoch“ in die Runde

Na was denn nun? Erst wurden die Arbeiten am neuen Album wegen des bevorstehenden Nachwuchses eingestellt und „lediglich“ eine Akustik-EP veröffentlicht. Und nicht mal ein halbes Jahr später steht mit „Kick“ doch schon der neue Longplayer an. Und auf dem ist Dave Hause nicht alleine.

Der Schriftzug auf „Kick“ deutet an, was schon seit Jahren Fakt ist. Dieses Dave-Hause-Album ist kein reines Dave-Hause-Album, denn er hat es komplett mit seinem Bruder Tim Hause geschrieben, komponiert, arrangiert und aufgenommen. Auf einer möglichen Tour werden die beiden es wohl auch gemeinsam spielen. So stehen auf dem Cover nur die Worte „Hause“ und „Kick“. Der Albumtitel lässt im Vorfeld über eine nähere Bedeutung spekulieren. Erwarten würde man mit Blick auf die zurückliegende Akustik-EP „September Haze“ wohl ein kraftvolles, vielleicht sogar hartes Album. Doch weit gefehlt. Musikalisch ist nicht wirklich etwas Außergewöhnliches dabei, zumindest für Dave-Hause-Verhältnisse. Und doch hat man sich an seine außergewöhnliche Stimme insoweit gewöhnt, als dass man sie nicht mehr als hervorstechendes Merkmal eines Albums hochhalten sollte. Auch die Art der Kompositionen kennt man von Hause, die punkigen, rockigen, schnellen Songs, die ruhigen Akustik-Tracks oder auch langsamere Pop-Rock-Songs. Für jede dieser Kategorien ist auf „Kick“ etwas zu finden. Für den härteren Part gibt es Tracks wie „Weathervane“ oder „Paradise“. „Fireflies“ hingegen deckt die Kategorie introvertiert, akustisch ab, „Bearing Down“ den Pop-Rock-Part ab. Die wirkliche musikalische Besonderheit auf „Kick“ ist die Homogenität der Songs. Die Art der Tracks ist in Häufigkeit und Reihenfolge sehr gut gewählt. Die Abwechslung hält eine stete Spannung aufrecht, die einen in seinen Bann zieht und man so einfach keinen Track skippen möchte.

Es klingt ein Stück weit nach Schema F, doch das ist es ganz und gar nicht. Denn bei näherer Betrachtung offenbart sich die wahre Bedeutung des Albumtitels. „Kick“ ist vielmehr die Aufforderung unverzüglich aufzustehen und anzukämpfen, wenn einem Unrecht widerfährt, dem ersten Impuls, dem „Kick“ nachzugehen und die Faust verbal zu erheben. So heißt es in „The Ditch“: „If you hold me close and lock the door/we could kick against the current and hope we find a shore.“ In „Civil Lies“ geht es um skrupellose Machthaber, die sich an Leben und Ressourcen der Welt bedienen, als gehöre sie ihnen selbst. In „Warpaint“ verneigt sich Hause und solidarisiert sich mit Frauen auf der ganzen Welt, die auf der Suche nach Gleichberechtigung vielerorts nur auf Ablehnung und im schlimmsten Fall auf Gewalt stoßen. In „Eye, Aye, I“ stellt er die unbequeme These auf: „Maybe we should have learned to shoot, to kill, instead of learning Van Halen Songs.“ Natürlich ist das an dieser Stelle überspitzt. Und doch steckt darin eine unbequeme Wahrheit, die uns die Hause-Brüder hier kredenzen. „Civil Lies“ hat neben seiner Direktheit noch eine weitere Besonderheit, denn es wurde von Tim Hause gesungen und man muss anerkennen, dass er seinem großen Bruder in wenig nachsteht. Sehr stark!

Auch wenn es musikalisch von einer Sensation weit entfernt ist, so überzeugt „Kick“ besonders auf Grund seiner Lyrik und der Themen, denen sich Hause annimmt. Und vielleicht wird ja nun auch etwas verstärkt über seinen Bruder Tim geredet, der bei seinem gesanglichen Gastauftritt voll überzeugt hat.

Fazit

6.8
Wertung

Musikalisch sind die Hause-Brüder ein bisschen zu sehr auf Sicherheit gegangen, doch textlich ist das sehr stark. Eine wirklich solide Platte und definitiv eine der stärkeren Platten von Hause. Dave Hause hatte mit der akustischen Gitarre auf der „September Haze“-EP allerdings bereits seine wahre Bestimmung offenbart.

Moritz Zelkowicz