Es gibt Situationen, an denen kann man nur scheitern. Wenn man durch einen unglücklichen Gesprächsverlauf beispielsweise aufgefordert wird, das Alter der Freundinnen seiner Mutter zu schätzen. Oder eine Halbzeitshow beim Superbowl spielen. Oder eben ein MTV Unplugged. Wobei – einige wenige haben ja mit glücklichem Händchen das Gegenteil bewiesen. Prince beim Superbowl 2004 etwa, der sich mit dem legendären Spruch „Make it rain more“ und realem Purple Rain in das Gedächtnis von Millionen Menschen brannte. Oder Nirvana, die ihren mit „Nevermind“ erklommenen Legendenstatus untermauerten, zementiert nur noch vom plötzlichen Tod Kurt Cobains. Und es gab bestimmt auch mal jemanden, der seine Tante Erika zielsicher auf 49 schätzte, obwohl sie in Wahrheit natürlich bereits 54 ist. All diese Profis des Meisterns von Hürden, bei denen die meisten von uns bereits an der schieren Wucht der Erwartungen zerbrechen würden, haben eins gemeinsam: Mit diesem Erfolg wurden sie unantastbar. Ihnen gegenüber stehen jedoch die Massen an Coldplays, Justin Timberlakes und Kinder mit unglücklichem Alters-Schätz-Talent dieser Welt, die selbstverständlich bereits in Vergessenheit geraten sind, wenn nicht sogar mit Missgunst betrachtet werden. Einen Mittelweg zwischen Legendenbildung und öffentlicher Demütigung gibt es wohl nicht. Nach Heisskalt: „Wir können nur ausgehen oder explodieren.“ Gelingt Biffy Clyro die Explosion?
„Akustisch zu spielen fühlt sich so an, als wäre einem eine Hand hinter den Rücken gebunden“ stellte Sänger Simon Neil im Vorfeld der Veröffentlichung des Konzertmitschnitts aus dem Londoner Roundhouse im Interview mit dem Diffus Magazin fest. Denn obwohl sich die Schotten auf sieben Alben bereits durch Prog, Post-Hardcore, Alternative und jüngst Pop gespielt haben, kam der schieren Klanggewalt ihrer Musik stets eine nicht untergeordnete Rolle zu, am auffälligsten auf den Stadionhymnen von „Opposites“ (2013) und den Radiopop-Klangexperimenten von „Ellipsis“ (2016). Bis auf wenige Ausnahmen erklingen auf „MTV Unplugged“ fast alle Songs lediglich mit Akustik-Gitarren, Bass, dezentem Schlagzeug und Piano. Weniger ist mehr, dachte sich das Trio wohl, und verzichtete auf die üppige Orchestrierung ihrer Kollegen. Einen Song nackt und auf sein Wesentliches reduziert zu hören kann in manchen Fällen ganz andere Qualitäten wecken, die vormals unter Wänden von E-Gitarren und Synthesizern verborgen blieben – leider hat man bei Biffy Clyros MTV Unplugged das ungute Gefühl, es wurden sich nicht besonders viel Gedanken um Arrangements gemacht. „Black Chandelier“ etwa zeigt exemplarisch, wie viel Dynamik und Spannungsverlauf im Song ausmachen. Biffy Clyro spielen den Song fast exakt so wie im Original, nur dass ihnen ohne Verstärkung, Effekte und ausufernder Instrumentierung weniger Spielraum in der Dynamik bleiben.