Biffy Clyro und "A Celebration Of Endings": Fuck Everybody!

Das schottische Alt.-Rock Trio Biffy Clyro liefert mit “A Celebration Of Endings” sein mittlerweile achtes Studioalbum. Man begibt sich dabei auf eine Tour durch mittlerweile fast 30 Jahre Bandgeschichte. Und natürlich gibt's aus jeder Ära auch ein paar Souvenirs.

Dass das letzte Album von Biffy Clyro bereits vier Jahre auf dem Buckel hat, mag einigen komisch vorkommen, aber tatsächlich erschien “Ellipsis” im Jahr 2016. Das könnte daran liegen, dass die Band in der Zwischenzeit alles andere als untätig war. Neben einer ausgedehnten Tour gabs da 2018 eine Ausgabe des prestigeträchtigen Formats “MTV Unplugged” und erst letztes Jahr lieferten die Schotten mit ihrem Konzeptalbum “Balance, Not Symmetry” den Soundtrack zum gleichnamigen Film. Als mit “Instant History” der erste Vorgeschmack auf das nächste Studioalbum erschien, löste das vielerorts Skepsis aus. Kein Wunder, denn schließlich kam der Song mit einer sehr poppigen Melodie und ohne fette Gitarrenbollwerke daher. Biffy goes EDM war die Befürchtung einiger Fans. Die verträumte Leichtherzigkeit des Songs wurde allerdings schon einige Wochen später mit dem Release von “End Of” in Relation gesetzt. This is not a love song / that was just a phase. Mit diesem Track kamen auch die Fans der brachialen Gitarren und wuchtigen Drums wieder voll auf ihre Kosten.

Auf “A Celebration Of Endings” lassen die drei Bandmitglieder ihre Karriere revue passieren, was auch musikalisch deutlich hörbar ist. Fast schon in Vergessenheit geratene Elemente früherer Alben werden entstaubt, restauriert und mit aktuellen Innovationen kombiniert. Jeder Song ist ein Amalgam aus verschiedenen Facetten der Band. Der Opener “North Of No South” vereint mit einer geradezu tänzelnden Leichtfüßigkeit verspielte Pop-Melodien mit den unerwarteten Riff-Ausbrüchen, mit denen Biffy Clyro schon auf ihren ersten drei Alben hantierten. Ruhigere Songs wie “Opaque” wirken derweil wie ein Destillat aus Balladen á la “God And Satan” oder “Machines”. Hier kommt man auch an ein bisschen Pathos nicht vorbei, denn wie für Biffy Clyro üblich wurde nicht an den Streichern gespart. Auch der schottische Hang zu Kraftausdrücken kommt auf “ACOE” nicht zu kurz. Wir sprechen hier immerhin von Biffy Fuckin’ Clyro. Am deutlichsten zeigt sich das auf dem grandiosen Finale “Cop Syrup”. Über einen Hagelsturm aus Drums und Gitarren skandiert Sänger und Gitarrist Simon Neil mit heiserer Stimme “fuck everybody!” Der Song erinnert mit seinen kryptischen Lyrics - I cannot ignore my burning ears / Could anybody? Woo! - an die kruden Texte von “Infinity Land”.

Die größte Stärke von “A Celebration Of Endings” liegt in seiner Unberechenbarkeit. Allzu oft erwischt man sich in den ersten Sekunden eines Songs dabei, sein Urteil schon gefällt zu haben, nur um dann kurz danach von einer 180°-Wende in Sachen Tonalität überrumpelt zu werden. Diese Wendungen bleiben stets unvorhersehbar und wirken in ihrer Ausführung derart intuitiv, dass man glauben könnte, alle Instrumente würden von einer Person gleichzeitig gespielt. In dieser Sprunghaftigkeit offenbart sich allerdings auch eine Schwäche der Platte. Immer wieder fühlen sich Übergänge in der Tracklist an, als würde man ins Bodenlose stürzen. Die Songs sind zwar in sich geniale Kombinationen aus Seltsamkeit und Eingängigkeit, der albumübergreifende Spannungsbogen lässt dabei allerdings etwas zu wünschen übrig. Die etwas zu dick aufgetragenen Streicher eines “Space” oder die einen tick zu aufdringliche Pop-Melodie von “Instant History” stechen aus “ACOE” heraus wie Till Lindemann auf einem Kindergeburtstag. Dass der zuweilen doch recht starke Pop-Einschlag bei Skeptikern die Nasen zum rümpfen bringt, scheinen Biffy Clyro schon im Vorfeld geahnt zu haben, und haben deshalb ihre Statements der Öffentlichkeit unüberhörbar dargelegt: “This is the sound that we make. Fuck everybody”.

Fazit

8.7
Wertung

Ist "ACOE" das beste Album aller Zeiten? Mit Sicherheit nicht. Liebe ich es trotzdem? Auf jeden Fall! Die Biffy-typische Kombination aus Arena-Bombast mit tragenden Chören und verqueren Instrumentals in krummen Tempi funktioniert auch auf dem achten Album immer noch hervorragend, auch wenn dazwischen mal ein nicht ganz so perfekter Track ist. Ein harter Contender für mein Album des Jahres.

Kai Weingärtner
8.3
Wertung

Biffy Clyro machen immer schon Spaß. A Celebration Of Endings setzt bisherigen Erfolgen mit der auf ein Album gequetschten Kombination aus interessanten, verdammt abwechslungsreichen Instrumentals, Ohrwurmgarantie und tiefgründigen Texten noch fast eins oben drauf. Ein starkes Album, eigentlich ohne Schwächen. 

Jannika Hoberg