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Less Than Jake und „Silver Linings“: Sommerliche Leichtigkeit

Seit 1992 gehören Less Than Jake bereits zum festen Inventar im Skate- und Ska-Punk. Anstatt sich auf der Vergangenheit auszuruhen, erscheint nun mit „Silver Linings“ Album Nummer neun. Gelingt den Amerikanern der Versuch, an Erfolgsalben wie „Hello Rockview“ aus dem Jahr 1998 anzuknüpfen?

Es stellt keine niedrige Hürde dar, ein vergleichbares Album zu „Hello Rockview“ auf die Beine zu stellen. Nicht nur für die Band selbst, sondern auch für alle anderen Mitstreiter im Genre. Zusammen mit „Losing Streak“ aus dem Jahre 1996 gehört das Werk für Fans und Kritiker nach wie vor zu den besten Ska-Punk-Alben. Auch wenn es für „Hello Rockview“ in den USA nicht für mehr als Chartplatzierung Nummer 80 reichte, schaffte es das letzte Album der Gruppe („See The Light“) nur eine Woche in die US-Charts, und das auf einen ernüchternden Platz 154. Diese Entwicklung hängt zwar auch mit der Veränderung der Gesellschaft im Allgemeinen sowie erst recht mit den rasanten Veränderungen im Musikgeschäft zusammen, muss aber mindestens Motivation sein, im Jahr 2020 nach sieben Jahren ohne Album mal wieder richtig Gas zu geben.

Nun holen Less Than Jake also wieder Trompete und Saxophon aus dem Schrank, pusten einmal ordentlich den Staub heraus und setzen zum nächsten Ska-Punk-Streich an. Das Cover von „Silver Linings“ ziert ein einfacher Schriftzug des Bandnamens sowie Zeichnungen der relevanten Instrumente vor einer bunten halbrunden Wolke. Das Ganze spiegelt sich unterhalb der Horizontalen, anstatt in bunt jedoch in rot. Im Chaos sind Totenschädel und Dämonenfratzen erkennbar. Das Album beinhaltet zwölf Songs, die das Genre in Perfektion widerspiegeln: Hier mischen sich sommerlich leichte Gefühle mit melodischen Punkrockklängen und natürlich den gar nicht oft genug einsetzbaren Blasinstrumenten. Eine in der dunklen Jahreszeit dringend benötigte Erinnerung an die bereits viel zu lang zurückliegenden Sommertage.

 

Dass „Silver Linings“ mit fast 38 Minuten Spielzeit nicht nur für aktuelle Punkverhältnisse eine Ewigkeit dauert, sondern dabei auch noch eigentlich keinen driftigen Grund zum Skippen liefert, bescheinigen dem Album eine gewisse Grundverträglichkeit für die dem Ska-Punk zugeneigten Ohren der Hörerschaft. Less Than Jake beweisen erneut, dass sie ihr Handwerk ziemlich gut verstehen und liefern durchweg auf hohem Niveau ab. Auch wenn keiner der Tracks das Zeug hat zum Hit á la „All My Best Friends Are Metalheads“ aus dem Jahr 1998 aufzusteigen, gibt es ebenso wenig Grund zur niederschmetternden Kritik. Um den Kreis zur Ausgangsfrage zu schließen: Wer sich in der Musik von Less Than Jake der späten 1990er-Jahren wohlfühlt, bekommt hier definitiv neues Futter für die Ska-Playlist. Auch wenn sich der Sound und die Emotionen aus dieser Zeit nicht duplizieren lassen, ist „Silver Linings“ doch mehr als ein trüber Schatten dieser.

Fazit

7
Wertung

Less Than Jake und mich verbinden bereits ein paar Jahre gepflegte, einseitige Sympathie. Dementsprechend hat es auch "Silver Linings" nicht viel abverlangt, bei mir auf offene Ohren zu stoßen. Ein weiteres, perfektes Album für laue Sommertage auf den Terrassen und Balkonen dieser Welt.

Mark Schneider