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Kais Jahresrückblick 2020

2020 stinkt in so ziemlich jeder erdenklichen Kategorie hart gegen das Vorgängerjahr ab. Die ganz große Ausnahme bildet die Anzahl toller Alben, denn trotz aller Ungewissheit und Einschränkung gab es dieses Jahr für mich unglaublich viele starke Platten, die mir die Auswahl eines Favoriten nicht gerade leicht machen, aber lest selbst.

Album des Jahres

Hier geht’s ja schon los. Was für ein Releasejahr! Ich könnte hier ohne große Mühe eine Top 10 auflisten, aber nein, es muss ja EIN Album des Jahres sein… Wie trifft man diese Entscheidung, wenn jedes einzelne der Alben den Platz verdient hätte? Da wären das phänomenale Zweitlingswerk meiner Neuentdeckung aus dem letzten Jahr, Pabst. Enter Shikari haben mit “Nothing Is True, Everything Is Possible” einfach mal komplett abgerissen, und ach ja, meine Lieblingsband of all time hat ja auch noch ein Album rausgebracht, aber dazu später mehr. Nach langer Überlegung fiel die Wahl auf die Platte, die mich in diesem Jahr wie keine andere durch die gleichförmigen Tage und Monate zwischen Lockdown, Lockerungen und nochmal Lockdown getragen hat: Idles und “Ultra Mono”. Muss ich das rechtfertigen? Ich denke nicht. Doch? Na gut. Die nunmehr dritte Platte der Bristoler Post-Punk-Kombo spielt mit ungebrochener Energie locker in einer Liga mit dem famosen “Joy As An Act Of Resistance”. Von der Feelgood-Hymne (“Mr. Motivator”) bis zur inbrünstigen Solidarisierung gegen sexuelle Belästigung (“Ne touche pas moi”), jeder Track trifft voll ins Schwarze. Album. Des. Jahres.

Neuentdeckung des Jahres

Einmal mehr habe ich durch Album-der-Woche unglaublich viel neue Musik kennen und lieben gelernt, die sonst wahrscheinlich großzügig an mir vorbeigezogen wäre. Künstler*innen wie Moaning oder erst kürzlich Dirty Projectors schafften es dieses Jahr in meine Dauerrotation. Die größte Horizontserweiterung fand für mich dieses Jahr in Richtung Rap statt. Angestoßen schon Ende 2019 durch die nicht enden wollende Lobeshymne auf Fatonis “Andorra”, wühlte ich mich durch allerlei Outputs der deutschsprachigen HipHop-Szene. Juse Ju, die Antilopen Gang, Edgar Wasser, und vor allem Goldroger, in dessen Album “AVRAKADAVRA” ich mich Hals über Kopf verknallt habe. Meine absolute Lieblingsneuentdeckung verdanke ich allerdings (mal wieder) Felix. Als ich ihn Anfang des Jahres nach Musikvorschlägen aus dem Rapgenre fragte, empfahl er mir das Album “Grey Area” der Londoner Künstlerin Little Simz. Seitdem läuft das Album rauf und runter und mit jedem Mal versinke ich mehr und mehr in den Songs. Definitiv meine größte musikalische Bereicherung 2020.

Cover-Version des Jahres

Vor kurzem noch das Thema der Rubrik “Mein Lieblingssong”, jetzt in meinem Jahresrückblick. Tatsächlich hat mich das erscheinen dieses Songs überhaupt erst dazu bewogen, diese Kategorie hier zu inkludieren. Es handelt sich um Psychedelic Porn Crumpets’ Neuinterpretation des Klassikers “I Wanna Be Like You” für den australischen Radiosender triple j. “Klassiker?”, fragen sich jetzt vielleicht einige, “hat der Redakteur Lack gesoffen?” Keineswegs. Das Original stammt nämlich aus dem Zeichentrickfilm “Das Dschungelbuch”. Der Affenkönig Louis möchte nämlich unbedingt mit genauso viel Swagger wie das “Man-Cup” Mogli durch den Urwald steppen. Und wer könnte den groovigen Wunsch des Affenkönigs besser vertonen als eine Band namens Psychedelic Porn Crumpets?

Konzert des Jahres

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Ach leckt mich doch alle!

Schmerzlichste Konzertverlegung des Jahres

Bei all den Good Vibes hier jetzt erstmal einen kleinen Downer. Enter Shikari haben es mit ihrem Klangbollwerk von einem Konzeptalbum “Nothing Is True, Everything Is Possible” nur ganz knapp nicht aufs Siegertreppchen meines Album des Jahres geschafft. Nachdem ich schon keine Karten für die Release-Show der Briten im Hamburger Mojo Club (die dann auch ausfallen musste, aber das wusste ich ja damals nicht) bekommen hatte, habe ich mich direkt bei Vorverkaufsstart auf Tickets für das im Dezember angesetzte Konzert im ebenso geschichtsträchtigen Melkweg Club in Amsterdam gestürzt. Ich liebe Amsterdam und die Konzertlocation und hatte in meinem Kopf schon einen entspannten Wochenendtrip geplant. Dann kam da diese Pandemie… Naja, möglicherweise können ja im Mai wieder Clubkonzerte stattfinden, dahin wurde die Show nämlich verlegt. Bis dahin: Maske auf und bleibt zuhaus'.

Fanboymoment des Jahres

Wie bereits erwähnt, brachte meine absolute Lieblingsband Biffy Clyro in diesem Jahr nach Verschiebung aus dem Mai dann im August doch noch ihr nunmehr achtes Studioalbum “A Celebration Of Endings” raus. Nachdem mich das letzte Album “Ellipsis” und die erste Single “Instant History” nicht in dem Maße vom Hocker gehauen hatten, wie ich es mir erhofft hatte, klammerte ich mich bis zum Release an die zweite Single “End Of”. Wir schreiben also den 14.08.2020. Gleich nach dem Frühstück setzte ich mir meine Kopfhörer auf und schmiss mich in die Platte. Spätestens mit dem Closer “Cop Syrup” hatten mir die drei Schotten ein wohlig grenzdebiles Grinsen ins Gesicht gemeißelt, dass meine Laune für das gesamte Jahr gerettet war. “ACOE” ist definitiv kein perfektes Album, aber den rosarotbebrillten Fan in mir hat die Platte von vorne bis hinten einfach nur begeistert, da kann auch die Tourverschiebung bis in den nächsten Oktober das Gemüt nicht mehr erschüttern. Ich werde warten. Und ich werde weiter grinsen.