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Parcels und ihr Debütalbum: Reinkarnation des Zauberhaften

Parcels bringen mit ihrer ersten Platte etwas fertig, was seit den Red Hot Chili Peppers niemand mehr geschafft hat: Sie sorgen dafür, dass Funk wieder massentauglich werden könnte.

Dass die australischen Parcels bereits vor dem Release ihres Debüts die größeren Clubs in Deutschland füllen können, zeigt, dass hier Revoluzzer am Werk sein könnten – oder eben ein Hype, dessen tatsächlicher Output seiner Popularität nicht gerecht wird. Zum Glück gehört „Parcels“ zur besseren Sorte der Platte mit übermäßigen Vorschusslorbeeren, weil es sich vor allem durch seinen zwar nicht neuen, aber im aktuellen Zeitkontext doch sehr einzigartigen Stil abhebt. Parcels spielen Funk und sind dabei so smooth und gleichzeitig tanzbar wie eine French-House-Band. Das Quintett arbeitet sich über die Dauer der Platte in einzigartigem Flow durch eine knapp einstündige Jam-Session, die keine besonders herausstechenden Highlights vorzuweisen hat, aber eben gerade deswegen ein derartig galantes Gesamtkunstwerk ergibt.

Denn Parcels geht es vor allem um ein allumfassendes Erlebnis. Die Band jagt einem maximal coolen Lick nach dem nächsten hinterher und erzeugt damit Grooves, auf die John Frusciante stolz wäre. Dazu traut sich das Quintett außerdem, keine Gesangsmelodien in den Vordergrund zu stellen, sondern vor allem das breite Austarieren der Instrumentals zu fokussieren. Dadurch entstehen famose Jams, die aber auch manchmal an ihrem Anspruch scheitern. Das eigentlich coole Flötensolo von „Lightenup“ geht im Mix zum Beispiel zu stark unter, dafür kann der Song aber mit einem fantastisch eingängigen Refrain aufwarten. Besser macht es das Solospiel „Tape“, dessen Gitarrengroove zwischendurch von besagter Flöte abgelöst wird und so den melodischen Bruch deutlicher in den Vordergrund stellt. Am größten werden Parcels in „Everyroad“, das einem eigentlich ständig repetierenden Soundloop durch harmonische Steigerung, dynamische Varianz und klangliche Ergänzungen zu unheimlich progressiver Spannung verhilft.

Parcels Debüt ist noch kein Hexenwerk, aber eine begeisternde Offenbarung für diejenigen, die handgemachte Session-Musik im Jahr 2018 nicht mehr für möglich gehalten hätten. „Parcels“ ist deshalb vor allem als Grundstein zu verstehen, der viele Türen für eine großartige Band aufstoßen könnte. Dafür kann man dankbar sein.

Fazit

6.8
Wertung

Parcels bringen große Spielfertigkeiten und einen fantastischen Stil mit, dessen große Highlights noch fehlen. Nicht umsonst werde ich die Band jetzt aber umso gespannter verfolgen. Wer so früh schon so ausgefuchst klingt, von dem ist Großes zu erwarten.

Jakob Uhlig