Ja, abseits von Alligatoah, Casper oder Farid Bang gibt es noch andere Strömungen im deutschen Rap. Juse Ju nimmt sich aus jeder dieser unterschiedlichen Stilrichtungen heraus, was ihm gerade in den Sinn kommt.
„Kirchheim Horizont“ macht das schon von Beginn an klar. Es ist die gewünschte Rückkehr eines Weltenbummlers. Allerdings entzieht sich dieser „Heimat-Hood“-Track den gängigen Klischees. Weder wird Kirchheim als Ghetto dargestellt, noch als pseudo-perfekt oder als Hipsterville glorifiziert. Stattdessen kommen da authentische Lines und Beschreibungen und wirkt dadurch sehr real und greifbar.
Realistisch und ehrlich: Das beschreibt Juse Ju und sein Album wahrscheinlich auch am Besten. Er erzählt viel von sich selbst, aber auch viel von dem, was um ihn herum passiert. „Propaganda“ mit Danger Dan von der Antilopen Gang als Featuregast ist eine dieser Tracks, der auch sehr viel Zeitgeist in sich trägt. Ein Song darüber, wie manche Bürger mit der Meinungsfreiheit und eben anderen Meinungen umgehen. Dann wird eben die Meinung von Andersdenkenden als Propaganda abgestempelt oder mit Hitler verglichen. Juse Ju fängt da ein ziemlich gutes Bild ein. Das ganze überspitzt und textlich einfach wunderbar zynisch.
Diesen Zynismus zelebriert er in „Lovesongs“ gleich nochmal. Um die romantischen Chart-Rapper zu kritisieren, mimt er einen von ihnen und rappt tiefe emotionale über sie selbst, stilecht auf Autotune. Ein erhobener Mittelfinger gegen den zielgruppengerechten Pathos, der in den Charts schon zu einem widerlichen Klischee verkommen ist. Aber das sind eben die Charts, es wird Musik gemacht für den kleinsten Gemeinsamen Nenner.
Dem entzieht sich Juse Ju. In „Fake It, 'Till You Make It“ spielt er eher den Größenwahnsinnigen, auch wie andere Szenemitstreiter. Die ersten Zeilen bringen den Track perfekt auf den Punkt:
„Diesen Sommer, da schlägt meine Festivalstunde
ich werf‘ da jetzt einfach mal Splash in die Runde
Universal hat auch schon Interesse bekundet
Ich spiel‘ keine Gigs unter sechs, siebenhundert“