Hardcore Superstar und „You Can't Kill My Rock 'N Roll“: Endlich zurück zu alter Stärke?

Durch eine Veränderung des eigenen Stils ist schon so mancher Künstler schnell in die Kritik geraten. Das gilt vor allem für die Kritik der eigenen Fans. Hardcore Superstar ist genau das im Jahr 2015 mit ihrem ausgerechnet zehnten Album „HCSS“ passiert, welches durchaus verschiedene Reaktionen hervorrief. Können die Schweden mit „You Can't Kill My Rock 'N Roll“ endlich wieder überzeugen?

„HCSS“ war geprägt von Experimenten, die nicht jeden Fan der Band glücklich stimmten. Das Album trottete so vor sich hin, es fehlte die vielgeliebte Wucht, welche Hardcore Superstar immer auszeichnete. Dazu kamen psychedelisch anmutende Songs und ellenlange Elektro-Einspieler. Bei weitem war nicht das ganze Album so untypisch, es gab zwei bis drei richtig gute Songs. Aber das waren einfach nicht mehr die Hardcore Superstar, die zuvor neun Alben voller Energie und Rotz-Attitüte direkt aus dem Herzen Schwedens auf die Welt losgelassen hatten.

„You Can't Kill My Rock 'N Roll“ - das ist ein Statement! Vielleicht haben die Sleaze-Rocker erkannt, dass sie etwas wieder geraderücken müssen, dass sie Kritik wahrnehmen und auch verarbeiten, obwohl man als Band natürlich zu 100 Prozent hinter „HCSS“ steht, stehen muss. Dieses Mal lassen die Herren rund um Sänger und Polarisationsfigur Jocke Berg ihre Hörerschaft genau 30 Sekunden im Ungewissen, in welche Richtung sich der Tonträger diesmal entwickeln wird.

Nach einem ruhigen Intro, in dem Jocke bereits den Refrain des Openers „ADHD“ präsentiert, knallt es endlich wieder richtig! Schnelle Drums, eine deftige Bassline, drückende Gitarren und diese unverkennbar abgerotzte Stimme. Klingt das, wie man es von Hardcore Superstar gewohnt war? Nicht unbedingt. Der Sound ist moderner, nicht mehr ganz so fetzig und verwaschen, wie man ihn von der Band kannte. Klingt das gut beziehungsweise besser als auf dem Vorgänger? Auf jeden Fall!

„ADHD“ kommt noch etwas hektisch daher, bleibt aber der einzige mit diesem Adjektiv behaftete Track auf einem sonst endlich wieder lebhaften und vor allem verdammt rockigen Hardcore Superstar-Album. Vor allem die Gitarrenarbeit von Vic Zino überzeugt auf ganzer Linie. In nahezu jedem Track stößt man auf melodisch stimmige Begleitspuren und mitreißende Soli. In „Hit Me Where It Hurts“ lässt er sich dafür besonders viel Zeit einräumen und gibt diesem recht unspektakulären Song damit genau den richtigen Kick. Wer Hardcore Superstar bereits kannte, vermisste in der jüngeren Vergangenheit besonders die Party-Tracks á la „We Don't Celebrate Sundays“. In diesem Punkt liefern die Schweden auf „You Can't Kill My Rock 'N Roll“ ebenfalls endlich wieder: „Have Mercy On Me“ und „Baboon“ halten auch den letzten „HCSS“-vergraulten Altfan nicht länger auf seinem Sitz. Es darf getanzt werden.

Das Wort „endlich“ kann man im Zusammenhang mit „You Can't Kill My Rock 'N Roll“ gar nicht oft genug verwenden. Endlich klingt ein Hardcore-Superstar-Album trotz eindeutig zeitgemäßer Produktion und nicht zu verleugnenden modernen Elementen und Melodien wieder nach Hardcore Superstar. Das als härtestes Album der Bandgeschichte angekündigte Werk wird seinem Namen zwar nur bedingt gerecht, ist aber ein großer Schritt in die richtige Richtung. Endlich.

Zweifellos kann niemand erwarten, hier einen Rückblick in die geliebte Vergangenheit und die Zeit von zum Beispiel „Bad Sneakers And A Piña Colada“ oder „Hardcore Superstar“ auf die Ohren zu bekommen, aber die vier Musiker sind auf jeden Fall auf dem richtigen Weg zurück zu alter Stärke. Die Produktion ist klar, der Sound wieder drückend und die Titel es wieder wert, immer und immer wieder so laut wie möglich aus den Boxen zu knallen. Denn so machen Hardcore Superstar immer noch am meisten Spaß.

Fazit

6.5
Wertung

Es geht doch! Hardcore Superstar liefern endlich wieder ein Album, welches ich mir durchweg anhören kann und vor allem will. Acht Jahre begleitet mich die Musik der Schweden nun schon und ich hoffe, dass in dieser Form noch viele weitere Jahre und Alben folgen! Kleiner Tipp am Rande: Guckt euch die Band live an! Dann lassen die Herren erst so richtig raus, was sie in den letzten 21 Jahren gelernt haben.

Mark Schneider