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Captain Planet - Ein Ende

„Ein Ende“. Diesen apokalyptisch anmutenden Namen haben Captain Planet ihrem neuesten Werk gegeben. Nach Abschied sieht es bei der Hamburger Band aber ganz und gar nicht aus: Der Vorverkauf der Platte lief mehr als hervorragend, neue Konzerttermine wurden erst kürzlich angekündigt. Wo also steckt dann „das Ende“ in den zehn Tracks dieser Platte? Einige Erklärungsversuche.

Ein Ende von langem Herumgerede. Captain Planet halten nichts von ewig langen Intros, verschachtelten Riff-Wirrwarrs und komplexen Akkord-Konstrukten. Stattdessen sind die Songs meist unter drei Minuten kurz, dafür aber direkt auf den Punkt gebracht und immer voll auf die Zwölf. Knackige Rhythmus-Gitarren, durchgehend schnell geballerte Schlagzeugbeats und ein Hang zu zappeligem Party-Punk lassen nur wenig Chance für eine Atempause. Schnelle Rockmusik wird hier auf ihre größten Stärken reduziert und lädt damit zum kompromisslosen Abgehen ein - wie eine Dampflok, die mit voller Geschwindigkeit über die Gleise brettert und sich von nichts von ihrem Weg abbringen lässt.

Ein Ende der Spießigkeit. Betrachtet man das Cover des Albums, mag man so gar nicht an eine Punk-Platte denken: Brav aneinandergereihte Häuser, bei denen jeder Schornstein ins Gesamtbild passen muss. Im krassen Gegensatz dazu steht das, was aus den Boxen kommt, wenn man die CD in seinen Player wirft: Captain Planets Sound ist wild, frisch und alles, nur nicht angepasst. Beim Hören will man sich vorstellen, wie die Band mit ihren Songs ungefragt in den Vorgärten der gezeigten Siedlung auftritt und damit die erzwungene Idylle in Aufruhr versetzt. Um 3 Uhr Nachts. Mit hundert feierwütigen Fans. Allein mit ihrem Sound setzen die fünf Hamburger ein Zeichen gegen eine immer angepasstere Gesellschaft. Der Spirit des Punks bebt, und katapultiert Captain Planet wortwörtlich in neue Universen. Oder motiviert wenigstens, nach Diesen zu suchen.

Ein Ende mit Melancholie. Vielleicht liegt die Antwort auch in den Texten von Captain Planet. Die klingen trotz der musikalisch eher fetzigen Präsentation nach Trennung, vergangenen Zeiten und Neuanfängen. Und gerade dieser Kontrast ist es, der dem Ganzen dann doch noch die Dimension „Hoffnung“ verleiht. Vielleicht ist der Verlust eines geliebten Menschen, das Ende einer Beziehung oder das Ausbrechen aus vertrauten Umgebungen ein Ende. Aber eben nicht DAS Ende.

Das nunmehr vierte Studioalbum der fünf Jungs aus Hamburg weiß in vielerlei Dimensionen mitzureißen. Es ist ungestüm, kompromisslos und wild. Es entführt aus Alltag, Trott und grauer Eintönigkeit. Es ist melancholisch und zugleich voller Hoffnung. Und es zeigt uns, dass ein Ende zugleich auch immer einen Anfang mit sich bringt. Eine Botschaft, die wir lange gebraucht haben – endlich!