Das Perfide dabei ist, dass Adam Angst die gesellschaftlichen Missstände nicht sofort für unhaltbar erklären. Viel mehr beschreiben sie diese, um der selbst denkenden Hörerschaft Raum für eigene Urteile zuzugestehen, ohne sich dabei jedoch spürbar zynische Kommentare zu verkneifen. Es wäre ja zu einfach gewesen, die nächste „Nazis raus“-Sprücheklopfer-Platte zu machen. Stattdessen konfrontiert „Neintology“ sich selbst und die Hörerschaft mit den Gedanken, die man als vernünftig denkender Mensch zwar verurteilt, bei denen man sich aber oft auch eingestehen muss, wie sehr sie zutreffen. Wie viel spüren wir denn vom Syrien-Krieg, wie sehr juckt es uns überhaupt, dass dort seit sieben Jahren die Menschlichkeit mit Füßen getreten wird? Hinterfragen wir moderne Technik wie „Alexa“ genug, um die Katastrophe, wie sie im Song heraufbeschworen wird, zu vermeiden? Die Antwort hat die Band natürlich selbst direkt parat: Das einzige „Kriegsgebiet“, das wir kennen, ist das des maßlosen, großstädtischen Konsums.
Musikalisch machen Adam Angst da weiter, wo sie 2015 aufgehört haben: brachialer Punkrock mit Hardrock-Einflüssen und Augenzwinkern, dabei oft tanzbar wie in den harten Passagen Kraftklubs. Ein Arrangement wie „Alle sprechen deutsch“, das sofort die Augenbrauen hochfahren lässt, ist dabei genauso ironisch zu nehmen wie das Thema selbst, gleiches gilt für den Schauspiel-Gesang von Felix Schönfuss. Musik und Text sind hier also wirklich eins. Eine angenehme Ausnahme von der permanenten dritten Person bietet „D.I.N.N.“, das obligatorisch, aber absolut zutreffend die Verstrickung von staatlicher Gewalt und Rechtsextremismus thematisiert: „Gleiche Scheiße, neue Namen/Eskortiert vom Streifenwagen/Egal, wie viele das nicht erkennen/Ich werde dich immer Nazi nennen“. Hans-Georg Maaßen lässt grüßen.