Im Normalfall arten die Live-Konzerte der Toten Hosen in vielerlei Hinsicht aus. Sie drehen sich um 150-minütige Realitätsflucht, Fußballmetaphern, Zusammenhalt, Trinkgelage, Nostalgie und, last, but not least, um wohldosierte, gesellschaftspolitische Statements. Stets im Angesicht zehntausender Zuschauer*innen, die sich auf einer umfunktionierten Festwiese tummeln, die wiederum im Rhythmus vieler Jahre für ein lokales Großevent herhalten und der hiesigen Kiosk-/Imbiss-Kultur Rekordumsätze bescheren darf. Denkt nun jemand an „Kanzlers Weide“ bzw. den sonst eher verschlafenen Bahnhof in Minden? Gern geschehen.
Lassen wir die Betrachtung altgedienter/ausgedienter Hits außen vor und konzentrieren uns auf jene Versatzstücke, die „Fiesta y Ruido“ von anderen Mitschnitten unterscheiden und die möglicherweise einen sammlungsbedingten Kauf rechtfertigen. Tatsächlich ist es gleich der, gemessen am Alter der Band, noch immer frische Opener, der etwaige Zweifel ob altersbedingter Ermüdungserscheinungen verstummen lässt. Der selbstironische, überaus einprägsame Text zündet die Massen unumwunden an – ganz so, als wären deutschsprachige Texte gelebtes, südamerikanisches Tagesgeschäft. „Alle sagen das“ thront nicht ohne Grund auf diversen Playlists des hiesigen Punkrocks. „Viva La Revolution“ funktioniert in leicht abgewandelter Form hervorragend, englischsprachige Live-Garanten des letzten Jahrtausends bereichern die Setlist („Pushed Again“, „Cocaine In My Brain“) ungemein & warmherzige Ansagen an alle anwesenden „Amigos“ runden das Gesamtbild stimmungsvoll ab. Dass sich „Reisefieber“ wiederkehrend wacker in die Konzerte hereinmogelt, erfreut jedes Mal auf´s Neue.