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Knuckle Puck und "Shapeshifter": Abwechslungsreich und rückwärtsgewandt

Gestaltwandler haben meist keinen guten Ruf. Denkt man die Wechselbälger aus Star Trek oder an die Wechselponys aus My Little Pony, haftet diesen Gestalten etwas Böses und Gefährliches an. Knuckle Puck, eine Emo-Pop-Punk-Band aus Chicago, will den Namen nun mit etwas Gutem belegen.
Knuckle Puck Shapeshifter Cover

Das zweite Album der US-Band wurde heiß erwartet. Der Vorgänger „Copacetic“ hatte die Pop-Punk-Szene aufhorchen lassen und recht schnell weite Kreise gezogen. Es folgten Tourneen mit Seaway und Neck Deep und eine schnell wachsende Zahl von Fans. Mit zehn neuen Songs und einer Spielzeit von ungefähr 32 Minuten ist „Shapeshifter“ ein abwechslungsreiches und interessantes Album im Genre. Musikalisch irgendwo zwischen Neck Deep und dem Emocore der 2000er, haben sich Knuckle Puck ihren Sound bewahrt und setzen die Arbeit ihres Vorgängeralbums fort. Von Balladen bis zur Punkrockhymne gibt es hier fast alles.

Die markante Stimme des Sängers Joe Taylor, welche immer ein wenig angekratzt klingt und stimmlich irgendwo zwischen Singen und Schreien steht, macht die Songs unverkennbar. Das leichte Leiden in seiner Stimme passt sehr gut zu den Lyrics und der meist etwas melancholischen Stimmung der Songs. Ab und an wird er von Backing Vocals unterstützt, um den Songs noch etwas mehr Fläche zu verleihen.

Die Texte sind typisch für moderne Pop-Punk-Bands und drehen sich meist um Liebe und persönliche Probleme. Philosophie oder schwerwiegende politische Texte sucht man hier vergebens, erwartet man aber wohl auch nicht. Die Texte sind gut geschrieben, nahbar ohne platt zu sein und beinhalten das richtige Maß an Emotionen, um diese auch beim Hörer zu wecken. Wenn Taylor in „Gone“ davon schreit, sich selbst zu verlieren, stellen sich schnell die Härchen auf den Armen auf und man hört unter den fröhlich anmutenden Melodien doch mehr Tiefgang, als man erst vermuten würde.

Die Jungs an den Instrumenten stehen dem in nichts nach. Mit zwei Gitarren liefern sie eingängige Riffs, umspielt von ausgefeilten Melodien, während der Bass und die Drums eine gute Basis bauen. Effektgeräte werden gezielt und auch nicht zu inflationär genutzt, so dass es zwar Distortion und Chorus gibt, jedoch auch Momente kommen, an denen die Gitarren clean zum Einsatz kommen. Das Zusammenspiel klingt einwandfrei und lässt den Fuß kaum stillstehen, wenn man am Rechner sitzt. Die Abmischung ist gelungen und lässt allen Spuren genug Raum um zu wirken.

Eingängige Melodien, Mitsinghymnen, Balladen und tiefe Emotionen machen dieses Album vielleicht zu keinem kompletten Gestaltwandler, zeigen jedoch Abwechslungsreichtum und gutes Songwriting. Kein Song wirkt fehl am Platz und Ohrwürmer gibt es auch genug. „Shapeshifter“ macht Spaß und zeigt, was Pop-Punk alles kann. Wer Neck Deep mag oder das letzte Album von Knuckle Puck mochte, sollte sich „Shapeshifter“ definitiv kaufen. Allen anderen sei ein Reinhören ans Herz gelegt, damit es später nicht heißt, ihr hättet was verpasst. Es lohnt sich wirklich.

Fazit

7.3
Wertung

Pop-Punk mit großen Emoanteil. Der Traum meiner Jugend und irgendwie auch heute noch genau mein Ding.

Johannes Kley
7.4
Wertung

Amerikanischer Pop-Punk Deluxe! Wer in den 2000er zu Bands wie Simple Plan und Sum41 im Kinderzimmer heimlich abgerockt hat, wird in Knuckle Puck seinen frischgebackenen Meister gefunden haben. Die Platte ist knackig, kurzweilig und kann mit den großen Namen dieser Zunft absolut mithalten!

Miriam Rhein