Etappenweise den Berg erklimmen, Montreal machen sich da auch durch ihren Namen alle Ehre; die kanadischen Berge sind nicht ganz ohne. Doch interessieren eben die besagten Etappen. Wie hat Montreal angefangen zu wachsen? Üblicherweise mit dem ersten Album, klar. Aber, “dass wir es als Schülerband hinbekommen haben ein Album aufzunehmen, war schon toll, also klar hat da jemand im Studio die Knöpfe gedrückt, aber dass wir das organisatorisch und finanziell hingekriegt haben zu der damaligen Zeit - viele Bands um uns rum haben das nicht geschafft.”
Als spannender Erfahrungsbericht und auch Hinweis an junge Bands, hat Hirsch auch noch etwas im Petto:
“Wir hatten einfach sehr früh einen sehr guten Drang, das alles einigermaßen sinnig zu verbreiten. Die ersten drei Alben haben wir zusammen mit einem Hamburger Label gemacht und uns angeguckt wie man das macht und eben auch nicht macht. Ab dem vierten Album haben wir dann ein eigenes Label aufgemacht und bringen die Alben ab jetzt selber raus. Und das ist da schon der größte Clou. Als Band heutzutage ist es sehr wichtig, die Rechte an den Songs zu haben. Als 2015 dann Streaming groß wurde, wurden wir sehr sehr unabhängig. Bei den meisten Bands geht die Kohle dann zu den Labels, wir haben aber den sehr großen Vorteil, dass wir schalten und walten können wie wir mögen. DIY ist der Überbegriff, wir sind da sehr autonom und autark. Hinzu kommt, dass man ein sehr gutes Team braucht. Wir haben da sehr nette Leute um uns rum, die uns dabei helfen. Unser Merch-Verkäufer zum Beispiel ist mit uns zur Schule gegangen.
Hirsch erzählt mir von den “schwierigen Momenten” der Band. Dem aufmerksamen Fan wird die Punchline im Montreal Song “15 Jahre” nicht entgangen sein. Dort heißt es: “Fast immer ohne Anschreien”. Tatsächlich liegt eine sehr lange Strecke ohne ernstzunehmende Auseinandersetzung hinter dem Trio, verrät mir Hirsch. “Wenn mal wer zu spät kommt dann gibt's mal einen Spruch oder so, aber wirklich ernste Auseinandersetzungen haben wir lange nicht gehabt. Man kennt sich einfach sehr gut und wir kommunizieren viel, das ist auch das Schöne. Wenn irgendwo ein Furz quersitzt, dann schaffen wir den aus der Welt.” Gesunde Freundschaftspflege kann man da nur sagen. Doch erlaubt so eine grüne Welle an Friede, Freude, Eierkuchen natürlich auch für viele schöne Momente. Offenbar sehr viele, denn auf die Frage muss Hirsch erst mal überlegen. “Auf jeden Fall das 15 Jahre Montreal Konzert in der großen Freiheit - klar, gerade ne schwierige Geschichte mit dem Laden, aber damals war der noch lupenrein. Da haben wir unter anderem mit der „Sondaschule“ gespielt. Das war ein sehr ergreifender Abend.” Trotz all der Kontroversen in der letzten Zeit war und ist es doch ein besonderer Ort für die Band. “Die Große Freiheit war für uns der Ort, an dem wir in unserer Jugend Bands wie “Die Ärzte” gesehen haben. Das Ding dann selber voll zu machen, war sehr schön. Aber auch viele Festivals, zum Beispiel auf dem Hurricane gespielt zu haben, oder mit der Bloodhoundgang durch ganz Europa getourt zu sein, mit Mitte 20 war das alles sehr spannend.”
Spannend ist ein gutes Wort, denn aus diesen Anfängen hat sich eine tolle Karriere für die drei Musikerfreunde ergeben. Die Jahre des Zusammenhalts und der Erfolgserlebnisse haben auch den Lockdown erträglich gemacht. “Ich glaube, sehr junge Bands trifft das viel härter. Bei uns ging das, wir haben uns ganz gut beschäftigt gehalten. Wir sind dann Dinge angegangen, die wir vorher immer so vor uns hergeschoben haben. Zum Beispiel diese Cover-EP, auf der wir Songs von befreundeten, aufgelösten Bands aufgenommen und rausgebracht haben, alles sehr liebevoll gestaltet.” Allgemein wurde viel ausprobiert: Geisterkonzerte oder Autokino-Konzerte wie in Bonn. “Es war jetzt überhaupt nicht so, als hätten wir rumgesessen in der Zeit. Das einmal gemacht zu haben ist wunderschön, aber nichts, was man auf Dauer haben möchte. Natürlich ist das, was diesen Sommer passiert, je nach Ort näher dran an der normalen Konzert-Realität wie wir sie kennen”, meint Hirsch.