Abseits von Montreal erinnert im Billing aber trotzdem enorm viel an die vergangenen Möllner Jahre. Neben dem Stelzenläufer, der auch beim Waterkant über das Gelände stakst und Kinder mit Seifenblasen bespaßt, befinden sich gerade in den mittleren Reihen des Line-Ups mit #Arrested, Jack Pott und About Blank einige Namen, die alte Pegasus-Hasen bereits aus den letzten Jahren kennen dürften. Das Festival eröffnen dürfen allerdings Broken Eardrum, die noch sehr jung sind, sich aber allem Anschein nach gut im Repertoire einer Punklandschaft auskennen, die teilweise deutlich vor ihrer Geburt stattgefunden haben dürfte. Die Band lässt so die Ramones wieder aufleben und ergreift beim alten Konkurrenzkampf der Ärzte und der Hosen keine Partei und spielt einfach beide. Broken Eardrum legen damit den Eröffnungspunkt eines Programms, dessen Ausrichtung sehr deutlich ist – Punk, Rock und Alternative sind hier die maßgebenden Leitmotive. So auch bei den folgenden #Arrested, die ihre schnellen Alternative-Songs mit abgestimmten Outfits präsentieren und deren Keyboarder unter dem einheitlichen weißen Hemd die Frage aufkommen lässt, ob es eigentlich legal ist, seinen eigenen Merch zu tragen.
Jack Pott wiederum fahren nicht mit Outfits auf, aber haben ihre Bühne trotzdem verdammt schick aufgestylt und präsentieren ihren Bandnamen mit zwei Aufstellern, um die sich sogar Kletterpflanzen ranken. Das ist für eine Punkband auffallend stilbewusst, aber das sind Jack Pott sowieso. Ihre Mischung aus synthesizergetriebener Neuer Deutscher Welle und völlig erbarmungslos festhängenden Punkhymnen ist nach wie vor einfach Gold wert. Zum ersten Mal an diesem Tag wird es richtig schade, dass die Corona-Bestimmungen ein Moshpit-Verbot erfordern. Ähnlich kultig wird es bei About Blank, die wie üblich mit einem geradezu frenetischen Fanclub aufkreuzen, ihre Bühne mit einem Kaktus schmücken und jene pinke Couch zum Verweilen platzieren, auf der 2019 noch die Gäste der Album-der-Woche-Fanstage Platz nehmen durften. Zum Schluss lässt die Band dann standesgemäß Freibier verteilen – zum Trinken darf man die Maske zum Glück kurz abnehmen. Während sich die Sonne langsam dem Horizont entgegenbewegt und so die Atmosphäre des Geländes noch einmal schöner macht, begeben sich Drunken Swallows auf die Bühne, die es ähnlich wie #Arrested machen und Wert auf einheitliche Bekleidung legen – passend zur schimmernden Farbe des Himmels besonders fancy in Gold. Ist das noch Punkrock? Die abschließenden „Antifascista“-Rufe sind es jedenfalls.