Janosch Holland (Go Down Believing/ Long Beach Records): Dieses Coronavirus hat mich und auch meine Kollegen wirklich kalt erwischt. Derzeit arbeite ich für Go Down Believing als Booking & Management Assistent, bei Long Beach Records Europe als A&R und veranstalte noch eine Vielzahl von Konzertreihen in Neuss, wie das Neuss Now Festival, den Concrete Jam als Skateevent mit Live Open Air und eine kleine Akustikreihe namens „Bergfest Sessions“ einmal im Monat. Und wie es dann auch kommen musste, wurde alles abgesagt und verschoben. Wir konnten die größeren Touren unserer Bands ganz gut in die zweite Jahreshälfte schieben wie zum Beispiel bei Jinjer oder The Hirsch Effekt , aber auch hier ist alles noch nicht final und vieles muss noch passieren,
damit es für alle Seiten am Ende passt. Gerade hierbei ist der finanzielle Aspekt ja ein großer Teil, da in der Verwertungskette einige Leute mit drinhängen, wie Management, Booker, die ganze Tourcrew, Labels, Promoagenturen, Clubs etc. etc. und nochmals etc. Es ist wie anderorts auch schon oft erwähnt wirklich schwer, dass keiner dabei auf der Strecke bleibt. Meine Hoffnung ist, dass viele Clubs sich irgendwie über Wasser halten können und die kleinen Bands, über die selten gesprochen wird, nicht zu sehr ins Nachtreffen geraten. Gerade diese trifft ja das alles besonders hart , da Shows vorher schon Mangelware waren und jetzt der Kalender vielerorts bis Mitte/Ende 2021 schon durchgebookt ist. Aus diesem Grund beteiligen wir uns mit GDB bei einer Initiative, die durch eine Vielzahl von Musikmanagern in Deutschland ins Leben gerufen wurde. Dabei geht es darum, dass Radiostationen heimische Künstler mit ins Programm nehmen und hoffentlich auch nach der Zeit mit dem Virus ein Umdenken hier entsteht. Genau das ist für viele Acts die Möglichkeit, ein wenig den finanziellen Verlust über Gema-Gebühren abzufedern. Auch kann dies die Kulturlandschaft vielleicht nachträglich beeinflussen. Wer mehr erfahren möchte: Der Stern berichtet sogar über das Thema.
Chris von der Düssel: Die Idee zu einem Online-Konzert kam mir persönlich schon recht früh, als das ganze #stayhome-Ding anfing. Die meisten waren aber spontaner und flotter. Hat ja eine ganz große Welle ausgelöst. Das wird nicht das Konzerterlebnis ersetzen, aber ist eine tolle kreative Sache und ich könnte mir vorstellen, dass diese "Kunstform" auch vermehrt nach der Krise bestehen bleiben wird. Umzusetzen ist so etwas als Musiker mit Akustikgitarre heutzutage ja echt einfach. Handy an und ab geht‘s. So haben es letztlich auch Chucky und ich gemacht, da die gut vorbereitete Technik nicht mitspielen wollte. Als laute Band ist es da schon etwas schwieriger, den Leuten vor den Geräten einen einigermaßen guten Ton zu geben. Im Schnitt hatten wir so an die 50 Zuschauer. Gab echt einige, die da richtig geil drauf waren. Besonders freut mich jetzt auch zu lesen, dass mich Leute live "sehen" konnten, die es vorher noch nie geschafft haben. Hat also durchaus auch gute Seiten das Ganze. Und 50 Zuschauer – da träumt man ja an manchen Abenden von. Von Verlusten kann ich persönlich nicht reden. Bin aber auch niemand, der durch die Musik Geld verdient. Alles was reinkommt wird auch meistens in etwas investiert, wenn es nicht eh für den guten Zweck verbraucht wird. Ich denke aber, dass einige Kollegen da im Moment auch ganz schön am Knabbern sind. Besonders bitter ist es, wenn man genau jetzt zum Beispiel auch einen Release geplant hat. Da haben dann Menschen wie etwa der Butterwegge oder Der Ole derzeit echt die Arschkarte. So eine Produktion bringt nun halt auch enorme Kosten und wenn da jetzt nichts rein kommt – ganz übel. Was mir noch etwas Bauchschmerzen bereitet ist mein Jubiläumsbash am 31.05. Proben können wir nicht dafür. Da mein Randale Orchester keine klassische feste Band ist, ist das ein bisschen übel. Aber im Moment muss man einfach abwarten, Bier trinken und vor allem happy sein, dass man Gesund ist. Frustration hat noch nie etwas gebracht. Ich versuche einfach das beste aus der Situation zu machen und so wenig zu jammern wie möglich.