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Rancid und „Tomorrow Never Comes“: Das Comeback der Hoffnung

Eine Platte, die sich wie ein Comeback anfühlt. Nachdem nach "Rancid 5" (2000) im Grunde genommen jahrelang nichts Überzeugendes veröffentlicht wurde, kehren die US-Streetpunker mit einem Album zurück, das nicht nur in dreißig Minuten 16 treibende und abwechslungsreiche Songs raushaut, sondern diese auch inhaltlich mit Wut, Gesellschaftskritik, aber auch Hoffnung füllt.

Rancid bildeten in den frühen 1990er Jahren die Speerspitze des US-amerikanischen Punk-Revivals. Mit ihrem Streetpunk haben sie es mittlerweile in den erlauchten Kreis der Punkbands geschafft, die von Vielen als musikalische Vorbilder genannt werden.

Der titelgebende Opener „Tomorrow Never Comes” katapultiert die Hörenden sofort mit Rancid-typischen Tempo in eine unheilverkünde Welt. Chaos, Betrug und Gewalt lassen zu Beginn keinen Platz für die Hoffnung, dass es ein Morgen geben wird. Pessimismus, Misstrauen und gesellschaftliche Unterdrückung spielen in der ersten Hälfte des Albums eine dominante Rolle („Devil In Disguise“, „The Bloody And Violent History“).

Erst mit „It’s A Road To Righteousness“ kehrt die Zuversicht bei Rancid zurück. Loyalität, Zusammenhalt und Standhaftigkeit bilden wichtige Grundpfeiler gegenüber sämtlichen Missständen und Widrigkeiten des Lebens. Die Band führt auf ihrem Album besonders in „Drop Dead Inn“, „Hear Us Out“ und „When The Smoke Clears“ diesen Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit weiter. Und den führt sie erfolgreich, denn wenn sich der Rauch lichtet und die Wunden der Kämpfe gepflegt werden, kann es nur noch besser werden.

Das Album reicht zwar nicht an „…And Out Come The Wolves“ heran, aber die Band setzt mit dem Schlagzeugspiel Brandon Steineckerts, dem sich ergänzenden Gesang Tim Armstrongs und Lars Frederiksens und deren Gitarrenspiel nicht nur ein musikalisches Lebenszeichen. Vielmehr erlebt mensch einen abwechslungsreichen Mix zwischen Irish Folk („Devil In Disguise“) und Rockabilly („One Way Ticket“), während „Hellbound Train“ den typischen Rancid-Sound entwickelt. Diese Variationen lösen die Band von den zwischenzeitlich auftretenden Vorwürfen, nur wie eine 1990er-Version von The Clash zu klingen. Die Einflüsse der britischen Punkband lassen sich nicht leugnen, aber unter dem Einfluss der Produktion Brett Gurewitz‘ (Bad Religion) bekommt der Rancid-Sound eine neue, erfrischend verspielte Wildheit. Einzig der Bass Matt Freemans kommt in der gesamten Produktion ein wenig zu kurz.

Insgesamt schreien die Songs danach live erlebt zu werden. Gerade der kürzeste Track „Don’t Make Me Do It“ wird heftig im Mosh gefeiert werden.

Fazit

8.5
Wertung

Die US-Band arbeitet sich wieder hingebungsvoll am Streetpunk ab, wie sie es seit über dreißig Jahren macht. Auf ihrem neuen Album finden sie aber wieder zu alter Stärke und Ideenreichtum zurück: Mit wütendem Gesang und schnellen Riffs prangern sie die Missstände innerhalb der Gesellschaft an, zeigen aber auf, dass Zusammenhalt und Loyalität Garanten für ein hoffnungsvolles Morgen sind.

Frank Diedrichs