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Perkele und „Leaders Of Tomorrow“: Kein bisschen müde!

Gute 26 Jahre nach ihrer Gründung veröffentlichen Perkele ihr 18. Werk, Demos und EPs inklusive. „Leaders Of Tomorrow“ spielt dabei als nunmehr achtes Studioalbum eine ganz große Rolle und weiß durch die Grundtugenden der Band zu gefallen.

Perkele gehen immer wieder neue Wege, bleiben sich unter dem Strich aber doch treu. Während die ersten Veröffentlichungen mit schwedischen Texten die Band noch von der großen, weiten Musikwelt abschotteten, öffnete ihnen der Umschwung zu größtenteils englischsprachigen Songs spätestens 2001 mit dem Album „Voice Of Anger“ Tür und Tor. Seitdem ziehen Perkele auch in Deutschland regelmäßig ihre Kreise in Form von Festivalauftritten und durch konstant starke Veröffentlichungen haben sich die Jungs bei uns schon lange eine stattliche Jüngerschaft aufgebaut. Deren Durst wird von den Göteborgern nach langen fünf Jahren des Wartens endlich wieder gestillt.

So viel vorweg: Wer sich mit Perkele bereits wohlfühlt, wird keineswegs enttäuscht sein, im Gegenteil. Unterstellten manche den Schweden auf dem Vorgänger „A Way Out“ noch eine gewisse Eintönigkeit, ist genau diese zuvor vermisste Abwechslung und Leidenschaft auf „Leaders Of Tomorrow“ wieder vollends vorhanden. Kein Song klingt wie der andere, aber jeder einzelne hat es auf seine eigene Art und Weise richtig in sich. Und noch viel wichtiger - sie alle klingen dabei zu 100 Prozent nach Perkele! Für große Teile ihrer Hörerschaft ist es Perkele aber auch auf „A Way Out“ gelungen, eine Hymne an die nächste zu reihen und die Messlatte für diese Leute dementsprechend hoch zu legen. Was genau zeichnet also die neue Platte der Schweden aus und lässt sie über diese Messlatte springen?

Neben der schon genannten Abwechslung, ist es der Band vor allem gelungen, die Leidenschaft und den Spaß an dem, was sie tun, in musikalischer Form festzuhalten. „The Winner“ als Opener nimmt die Hörerschaft mit auf zehn Runden feinsten Oi-Punk und lässt dabei jedem Perkele-Fan das Herz aufgehen. Spätestens wenn Sänger Ron zum zweiten Mal mit gewohnter Stimme „I am the winner in the end!“ skandiert, hält kein Bein mehr still und es verleitet einen nur so dazu, diese Zeilen mit Ron zusammen singen zu wollen. So geht es einem während der Refrains dieser Platte noch häufiger. Drückende, melodische Gitarren, die in der Mitte des Songs sogar ein wenig nach einem Slayer-Riff klingen, tragen ihren Teil zum Spaß bei, den das Album einfach macht - den Musikern genauso wie denen, die sich dem Oi-Punk Perkeles aussetzen. Wie erwähnt: Es ist nur ein metallastiges Riff, aber es belegt deutlich, dass Perkele sich an Neues, für sie Ungewöhnliches, herantrauen, ohne ihre alten Tugenden abzulegen oder irgendetwas an diesem Album nicht nach ihrem eigenen klingen zu lassen.

 

In den Texten der Band ging es im Großen und Ganzen seit jeher um die Arbeiterklasse, den tagtäglichen Umgang mit Menschen und Dinge, die einem gegen den Strich gehen, Partys und Zusammenhalt. Es fällt von daher nicht schwer, sich auch mit den neuen Texten zu identifizieren, welche die gleichen Themen abdecken. „Break Out Break Free“ ist nicht nur ein unbedingter Anspieltipp, weil er von Anfang an beweist, warum Rons Stimme wie gemacht für diese Art von Musik ist, er fordert auch lyrisch zum autonomen Denken eines jeden Einzelnen und zum Hinterfragen der eigenen Einstellung auf. „Leaders Of Tomorrow“ handelt davon, dass ein Jeder seinen Beitrag zur Veränderung der Welt leisten kann und soll, um die sich abzeichnende Zukunft abzuwenden. „Miss U“ und vor allem „Mistakes“ bedienen die sanfteren Gemüter mit nachdenklicheren, ruhigeren Klängen. Inwiefern „When You Realize“ mit seinen ersten Zeilen absichtlich wie The Offspring's „The Kids Aren't Alright“ klingt, ist reine Spekulation, könnte aber durchaus als Hommage durchgehen, beziehungsweise gemeint sein.

Zusammengefasst haben Perkele mit „Leaders Of Tomorrow“ ein absolutes Sahnestück für Oi-Punk-Fans geschaffen. Dass sich nicht der ein oder andere Neuzugang in den Fankreisen der Schweden einfinden wird, ist nach diesem Album vollkommen ausgeschlossen. Es gibt keinen Titel, der in irgendeiner Form, und im Vergleich zum Rest der Platte, negativ auffällt. Musikalisch vermitteln Perkele auch nach 26 Jahren, dass sie in der Lage sind, die „Leaders Of Tomorrow“ des Oi-Punks zu sein.

Fazit

8.5
Wertung

Es gibt Bands, die würde ich gerne so vielen Menschen wie möglich zeigen, um die meisten vielleicht mit deren Musik zu nerven, aber eben auch einige zu begeistern. Eine dieser Bands ist Perkele, ein Bonuspunkt aus Sympathie haftet dieser Review also zweifelsfrei an. Perkele klingen großartig wie immer und werden jeden Fan, genau wie mich, absolut glücklich machen. Der Spagat zwischen sich selbst treu bleiben und sich für neue Hörerinnen und Hörer öffnen, lässt sich meistern: Perkele zeigen der Musikwelt, wie das geht.

Mark Schneider