Reviews

Oso Oso und "basking in the glow" - Kantenglättung

Oso Oso ist das Emo-Indie-Solo-Projekt von Jade Lilitri, der sich mit seinem dritten Album "basking the glow" auf die Suche macht, um die ganz großen Fragen der Welt zu beantworten. Von dem, was er findet, lässt er sich nicht unterkriegen.

Das "intro" verbreitet sofort eine Wärme, wie man sie selten hört. Die leise gezupfte Gitarre entführt die Hörerschaft sofort in eine ganz weite Ferne. Das seichte Plätschern des Wassers lässt einen dann auch ankommen, an einem verlassenen gemütlichen Ort. Es entsteht eine meditative Wirkung, die aber nicht lange anhält.
Denn "the view" fängt diese Stimmung nicht weiter auf, sondern nimmt einen mit auf eine Reise ins Seeleninnere und zu der mehr oder weniger verzweifelten Suche nach dem Guten in einem selbst. Der Text vermittelt da nicht mehr als Resignation und die lapidare Erkenntnis, dass der Blickwinkel entscheidend ist. So verbreitet der Text nicht viel Positives, jedoch schafft es der rhythmische Indie-Rock diese Stimmung ins Hoffnungsvolle zu drehen - erinnern tun sie dabei stark an Everclear.
Die Suche nach etwas Größerem, sei es in der Welt, sei es in einem selbst, bestimmt die Themen der Platte. Der Titeltrack "basking in the glow" traut sich gar die Suche nach einer höheren Macht zu. Als Ergebnis bleibt wieder Unsicherheit, gepaart mit Hoffnung, aber auch Angst.
Das wird in "dig II" weitergeführt, auch wenn sich der musikalische Rahmen verändert. Einflüsse aus Emo und Post-Rock machen "dig II" ein gutes Stück härter als die vorherigen Tracks. Durch die halligen und dissonanten Parts bekommt der Song auch eine tief progressive Note. Dort bricht dann der süßliche Gesang herein, der das Bild im ersten Eindruck stört, aber den Track schnell in eine andere Richtung lenkt, indem er ihm Schärfe nimmt.

"basking in the glow" ist der tägliche Kampf gegen ein Leben in menschlicher Dunkelheit und Kälte. Dabei schafft die Platte einen komplizierten Spagat zwischen Hoffnung und Resignation. "one sick plan" lässt dann auch den tatsächlichen Blick in die Dunkelheit zu. Denn es weckt keine echte Hoffnung. Es berichtet nur, dass man sich an die Dunkelheit gewöhnt, wenn sie einen lange genug umgibt. Musikalisch verpackt ist diese Message in einem Akustik-Track aus Gitarre und Gesang, der allerdings klingt, als hätte man ihn mit einem Kassettenrecorder im Kinderzimmer aufgenommen.
Doch das ist das Besondere dieser Platte, denn trotz trauriger und bedrückender Themen, sucht Oso Oso stets nach dem Hoffnungsschimmer oder, wie sie es nennen, nach der "Kerze, die den Nachthimmel im Juli bricht."
So ist es auch absolut bezeichnend, dass die Platte mit einer Trennung endet, es aber trotzdem zu einem versöhnlichen Schluss schafft. Denn "charlie" ist nicht weniger als das Ende einer Beziehung und trotzdem kann der Erzähler sich zurückzulehnen, ohne große Wehmut zurückzuschauen und feststellen, dass er dankbar für die schöne Zeit ist. So stark und einsichtig wäre man selbst auch gerne.

Oso Oso lässt seine Fans auf "basking the glow" zwar einerseits mit einem guten Gefühl zurück, doch es zeigt sich immer wieder, dass dieses Gefühl nicht echt ist. So erzählt Oso Oso einfach zu detailliert und drastisch, wie traurig und trostlos unsere Welt doch ist. Das alles unterlegt von größtenteils beschwingten Rhythmen und Melodien, ist bei längerer Betrachtung ziemlich anstrengend und definitiv nichts für jeden Tag.

Fazit

6.6
Wertung

Textlich ist das ganz großes Kino, musikalisch ist das äußerst solide, jedoch sieht das nochmal anders aus, wenn beide Elemente aufeinander treffen. Denn der Versuch, die tristen Szenerien musikalisch so intensiv aufzuhellen, ist anstrengend anzuhören. Aber Oso Oso schafft es so immer wieder, die Ecken und Kanten seiner Platte weitestgehend zu glätten. So ist "basking the glow" vielleicht nichts für jeden Tag oder jede Playlist, sollte aber immer im Hinterkopf behalten werden.

Moritz Zelkowicz