Reviews

The Intersphere und “Wanderer”: Auf kurvigen Pfaden

Deutsche Rockmusik mit Kunstanspruch, ein Albumcover zwischen Jess Collins und Studio Ghibli und ein Song über die Freuden der Vaterschaft. Kann das gutgehen, ohne kitschig zu werden? The Intersphere liefern die Antwort.

The Intersphere aus Hessen stehen Zeit ihres Bestehens für diesen schmalen Grat zwischen enormer Spielfähigkeit und emotionaler Zugänglichkeit. Album Nummer sechs schnürt sich also große Schuhe. Der Name der Platte, und auch die kurze Intro-Melodie des titelgebenden Openers suggerieren nun ein melancholisches Selbstfindungswerk, aber wie so oft trügt der Schein. Zwar erforschen die Texte von Frontmann Christoph Hessler oft auch persönliche Ab- und Hintergründe, wechseln aber genauso mühelos zwischen eben diesen Themen und vogelperspektivischen Beobachtungen, wie es die musikalische Untermalung der Songs zwischen sphärischer Offenheit und knarzenden Riff-Abfahrten tut. Hinter jeder verspielt anklingenden Gitarrenmelodie verbirgt sich die nächste musikalische Steilkurve. Auf “Down” versucht sich das Quartett in choralen Gefilden, nur um kurz darauf mit “Heads Will Roll” erst die vielleicht brutalsten Riffs des Albums auspacken, dann verfällt der Song wieder in fast gospelartigen Gesang, nur um zum Finale wieder die volle Dröhnung Gitarrenwand auszupacken.

Bei so viel Wendungsreichtum und Vielseitigkeit verliert ein Album oft an einem entscheidenden Kriterium, dem roten Faden. Aber auch an dieser Front macht The Intersphere so schnell niemand etwas vor. Zwar spielt “Wanderer” dauerhaft mit neuen Elementen und wechselt dabei dynamisch zwischen Stimmungen, das alles passiert allerdings in einem generellen Sound, der über die Gesamtlaufzeit der zehn Tracks konstant und erkennbar bleibt. So fühlt sich das Album auch immer wie ein zusammenhängendes, ganzheitliches Werk an. Dementsprechend schwierig ist es, Highlights herauszupicken. Am besten investiert man die knapp 40 Minuten und ergibt sich “Wanderer” in Gänze. Es wird sich lohnen.

Fazit

8
Wertung

Es gibt in Deutschland wenig Künstler*innen, die das Genrelabel "Alternative Rock" positiv zu belegen wissen. The Intersphere sind eines dieser seltenen Beispiele. Auch mit "Wanderer" grassiert das Quartett am stilistischen Drehkreuz aus Metal und Rock, Pop und Progressive; verkopft und eingängig zugleich.

Kai Weingärtner