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Dry Cleaning und „New Long Leg“: Musikgewordene Coolness

Bisher war es extrem schwer, die vierköpfige Band Dry Cleaning aus dem Süden Londons zu googlen. Man darf sich ziemlich sicher sein, dass sich das nach diesem Album schlagartig ändern wird und man nicht umgehend auf die nächstgelegene Trockenwäscherei verwiesen wird.

Lange haben Fans von Dry Cleaning auf Musik der Band in Albumlänge warten müssen. Bisher gab es mit „Boundary Road Snacks“ und „Drinks & Sweet Princess“ zwei starke EPs, die sehr schnell vergriffen waren, aber immer noch für kleines Geld zumindest digital erhältlich sind. Nun starten Dry Cleaning mit „New Long Leg“ durch, versprochen! Aber warum so viel Euphorie bei einer Band, die vor allem durch ihren gleichgültigen Gesang heraussticht? Dry Cleaning sind als Empfehlung echt immer ein wenig schwierig, das mag vor allem am ungewohnten Sprechgesang liegen. Das markant monotone „Lallen“ von Sängerin Florence Shaw in das nächstbeste Mikro wirkt wie die Post-Punk-Version einer Lana del Rey. Wie eine Sängerin in einer Karaokebar, die sich nach ihrem letztem Glas Rotwein nochmal unter dem wohlwollenden Applaus der letzten Gäste auf die Bühne schwingt. Endlich mal ein Stilbreaker - auch wenn man damit vielleicht erstmal warm werden muss. Dennoch: etwas Neues. Es wird definitiv nicht allen auf Anhieb gefallen.

Mittlerweile sind Dry Cleaning echt in vielen guten Spotify-Playlists angekommen. In einem Atemzug fallen dabei immer zurecht Namen wie Squid, Shame, Black Country New Road und die ganze Riege englischer Bands, welche aktuell mit herausragenden Releases überzeugen. Es ist das Aufleben einer neuen Generation von Post-Punk-Bands, die rauer und kompromissloser klingen als die großen, poppigen Indie-Ikonen der 2000er und dabei neue Wege gehen. Besonders Dry Cleaning schaffen es mit ihrem Debütalbum „New Long Leg“ wirklich stilprägende Elemente in diese Musiklandschaft zu streuen.

Ein Kunstwerk, das Dry Cleaning auf der gesamten Länge des Albums gelingt, ist das perfekt abgestimmte Harmonieren von packenden Basslines und herrlich schreddernden Gitarrensounds. Die impulsiven und eindringlichen Texte von Florence Shaw ziehen dabei wie ein Mantra an einem vorüber. Es sind eher kurzlebige Gedanken, die an einem vorbeijagen und leicht dazu verführen, sich mit ihnen zu beschäftigen.

"Simple Pimple
Stomach Stab"

(aus dem Song „Leafy“)

Es geht ihr dabei viel um die Perspektive und Gedanken als Frau auf die Gesellschaft und auf alltägliche Dinge. Sie erzählt und hält dabei Momente fest. Das muss sich auch nicht immer gleich erschließen und die Tiefgründigkeit kommt vielleicht erst beim dritten Mal hören rüber.

Als passender Einstieg in die Band dienen definitiv die Vorab-Releases „Scratchcard Lanyard“ und „Strong Feelings“. Nochmal besonders stechen der Track „Her Hippo“ und der für das Album namensgebende Song „New Long Leg“ hervor

Fazit

8.2
Wertung

Insgesamt ist „New Long Leg“ ein zeitloses und wirklich hörenswertes Debütalbum, das einfach passend erscheint, um sich damit mal gut eine Weile mit der Sonnenbrille auf der Nase im Park zu beschäftigen.

Lukas Moore