Wenn man die Vorgänger im Kopf hat, setzt man erst einmal auf ein ganz anderes Erwartungsbild. Callejon veröffentlichten als erste Single „Utopia“ und haben damit auch den passenden Song gewählt. Man kann deutlich einen roten Faden durch das Album erkennen. Es wurde ein Thema gesetzt und herrlich wiedergegeben. Die Platte hat einen mystischen Klang, der aber durch ausgefallene Metal-Riffs deutlich aufgewertet wird. Dennoch ist der Sound nicht mehr so schroff wie noch bei den Vorgängern. Man merkt schnell, dass irgendetwas anders ist. In diesem Fall ist es der fehlende Screamo-Part. Bei „Monroe“ ist der Core hingegen noch zu kleinen Teilen vorhanden. Ansonsten gibt es größtenteils nur klaren Gesang zu hören. Doch genau das passt auch zu dem Album und dem Sound.
Es ist definitiv mutig, so einen Break zu schaffen, nachdem man nun eigentlich eingefahren ist. Mit Sicherheit wird es einige Menschen geben, die die Platte komplett ablehnen. Dafür dürfte es aber im Gegenzug auch deutlich mehr Sympathisanten geben. Am Anfang drängt sich tatsächlich der Vergleich zur Pop-Musik auf, doch diesen konnten Callejon sehr gut brechen. Der Sound ist sehr ausgefuchst, um das mal so sagen zu dürfen. Beim Writing-Prozess herrschte definitiv sehr viel Klarheit, was das Ziel der Platte angeht. Man wollte den Grundsound beibehalten (gelungen), aber im Gegenzug die Metalszene überrollen.
Was die Themenauswahl angeht, merkt man auch unglaubliche Kreativität. „Mein Gott ist aus Glas“ oder auch „Mit Vollgas vor die Wand“ sind zwei Titel, die schon alleine von ihrem Namen her viel versprechen. Auch wenn man davon ausgehen könnte, dass es sich um irgendwelchen Fun-Metal handelt, so ist es doch das persönlichste Album, welches Callejon wohl je geschrieben hat. Schon alleine, weil die Gefühlslage beim Gesang ganz anders rüberkommt. Es herrscht immer noch sehr viel Wut, sie wird aber anders verarbeitet. „Das gelebte Nichts“ ist eine, der schönsten Balladen, die es in den letzten Jahren gegeben hat. Die Direktheit und Intensität der einzelnen Titel ist bewundernswert. Selbst bei den ruhigen Songs kommt man sich nicht gelangweilt vor.