Das Buch von Anna Hahn und Frank Willmann besteht zum größten Teil aus Zeitzeugenberichten. Also Menschen, die Dieter "Otze" Ehrlich, den Sänger und Hauptmensch von Schleim-Keim, persönlich getroffen haben. Nicht alle sind positiv und einige hinterlassen Kratzer am Image des großen Ost-Punkers. Otze war nicht der heroische Mensch, den viele in ihm sehen wollen und doch ist es interessant zu erfahren, was er gemacht hat, bevor er 1999 seinen Vater mit einer Axt erschlug und später, mit 41 Jahren, in der Verwahrung verstarb. Das Buch enthält witzige Anekdoten aber auch viel Tragik.
Viel interessanter fand ich jedoch die ganzen kleinen Details über die Punk-Szene der DDR. Die Sex Pistols waren laut und auch Slime haben angeeckt, aber die mutigsten Punks waren doch die in der ehemaligen DDR und UdSSR, denn denen drohten wirklich noch Knast und schlimmeres. Einfach für's Punk sein. Viele DDR-Punks von damals kommen zu Wort, ab und zu auch mit Fotos von damals, und berichten von heimlichen Gigs, dem Gefühl temporärer Freiheit durch die Musik und Stress mit der Stasi oder eben auch mit Otze.
Als Mensch, der die DDR nur aus Erzählungen kennt, ist das Buch absolut empfehlenswert und wenn es nur als Warnung vor einem Regime fungiert. Als Punk(musikfan) ist es das auch, einfach weil einige Ost-Punkbands wie die Fanatischen Frisöre oder Wartburgs für Walter erwähnt werden, die ich ohne dieses Buch vielleicht nie kennengelernt hätte.
Mein Punkzeit ist vorbei, aber ich fühle mich der Szene immer noch verbunden und habe das Buch an einem Wochenende verschlungen. Es ist leicht zu lesen, gut geschrieben und gibt tiefe Einblicke in eine Zeit und Szene, die die meisten von uns nie erlebt haben.
Punk may be dead, aber trotzdem spannend und lesenswert.