Doch es geht auch gänzlich abgespaced, Being As An Ocean scheuen sich nicht vor Genre-Akrobatik. Denn Songs wie „Brave“ wirken wie reinrassige Rapsongs, „Tragedy“ mindestens wie ein absurdes Crossover-Konsrukt aus vielen verschiedensten Genres. Rap, Metal, Prog-Rock. Aber über allem steht Jesse Shelley, der mit seinem Drumset stets für die nötige Härte sorgt. Und auch wenn sie für sich gute Songs sind, fragt man sich doch, warum Being As An Ocean überhaupt solche Songs machen. Man wartet mit dem weiteren Verlauf des Albums auf die ersten Autotune-Parts. Und was anfänglich ein Scherz in Gedanken ist, über den man maximal schmunzeln kann, wird in „Low Life (Ode To The Underground)“ Wirklichkeit. Hier wird der Autotune vollkommen Ad Absurdum geführt. Man merkt es nicht mal auf Anhieb. Der Grund ist simpel: Michael McGough singt viel zu gut, als dass man Autotune hier bräuchte. Vielleicht soll es lediglich ein Stilmittel sein, was es aussagen soll, behalten die Künstler für sich. Was hier aber ebenso wie beim nachfolgenden „Demon“ herauskommt, ist in seiner Sache ziemlich stark. Allerdings immer mit einem dicken Fragezeichen. Warum ausgerechnet Being As An Ocean? Würde der Sound nicht einer anderen Band besser passen? Oder warum kommt da nicht einfach eine neue Band, die sich der ganzen Strömungen annimmt und in diesem Gewand vereint? Man muss sich einfach damit abfinden, dass Being As An Ocean einen zwar stetigen, aber in ihrer Art radikalen Wandel vollzogen haben und sich damit immer wieder neuen Mut machen, ihre Kunst voranzutreiben. Denn das ist das Beeindruckende. Egal, was sie auf „Proxy: An A.N.I.M.O. Story“ behandeln, es hat Hand und Fuß und gibt sich zu keinem Punkt der Belanglosigkeit oder gar der Lächerlichkeit einher. Und doch ist es eben anders und bedarf einer Gewohnheitsphase.
Und doch gibt es ein unumstößliches Highlight, denn „A.N.I.M.O.“ ist ein solch überwältigendes Werk. Es vermag den Hörer mit seinen elektrischen Beats, seinem monotonen Gesang in den Strophen, welche stets mit Shouts aus dem Hintergrund unterlegt sind zu erschlagen. Es entsteht eine düstere Stimmung, die Shouts verwandeln sich beinahe unmerklich in Growls. Kurz vor Ende fadet das Stück langsam aus, bis bei dem Schrei eines Kindes wieder das Schlagzeug da ist und der Bass und das Growlen in voller Lautstärke ertönen. Absoluter Gänsehautmoment! Das Outro „What It Means To Be A Human“ wirkt danach absolut unwirklich, schafft es aber einen langsam wieder runterzubringen. Es wabert leise durch den Raum, bis es das Album vollends verstummen lässt.
Sagen wir es wie es ist, Being As An Ocean entfernen sich mit diesem Album noch weiter von der anfänglichen Fanbase und so langsam wird auch denjenigen, die sich ein neuen „Dear G-d“ wünschen klar sein, dass es von dem aktuellen Kurs kein Zurück geben wird, vielleicht auch kein Zurück geben kann. Denn so sehr man mit den neuen Einflüssen auch fremdelt, so großartig sind sie inszeniert. „Proxy“ gibt sich nicht den neuen Strömungen hin, vielmehr unterwirft es sie. Und so bleibt ein hervorragendes Werk, das eigentlich ein gänzlich anderes sein sollte.