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Alex The Astronaut und "„How to Grow a Sunflower Underwater“: Poesie.

Zwei Jahre nach ihrem Debutalbum „The Theory Of Absolutely Nothing“ beweist die australische Folk-Pop-Sängerin Alex the Astronaut erneut ihr Gespür für schwierige Themen und das Verpacken von mentaler (Un-)gesundheit in Musik, die aus der Masse an Feel Good Pop heraussticht.

Alex‘ musikalischer Stil zeichnet sich durch teilweise unsauberen, fast rohen Gesang über sanften, sphärischen Klavier- und Gitarrenklängen aus. Auch wenn sie stimmlich vielleicht nicht an eine Beyoncé oder eine Adele rankommt, wirken ihre Botschaften so eigentlich noch echter und es wird klar, was sie für eine begabte Songwriterin und vor allem Texterin ist. Denn ihre Texte sind das, was ihre Musik unglaublich besonders macht. Klar wird das auch, weil im Pressekit von „How to Grow a Sunflower Underwater“ mal eben die Texte aller Songs angehängt waren.

Alex hatte 2017 mit „Not Worth Hiding“ die inoffizielle queere Hymne für die australische Volksabstimmung über die gleichgeschlechtliche Ehe geschrieben und sich noch nie vor teils schwierigen, emotionalen Themen versteckt. Im Gegenteil – sie verarbeitet diese Themenbereiche mit viel Einfühlungsvermögen.

Die Texte gehen unter die Haut, sind voller Verletzlichkeit und vermitteln schließlich die Botschaft, dass jeder Mensch ein Päckchen zu tragen hat. Und dass dieses Erkennen der Schwierigkeiten, denen andere Menschen entgegenstehen, die Welt zu einem besseren Ort machen würde. Sie singt von ihrer posttraumatischen Belastungsstörung, von Identitätskrisen und toxischen Beziehungen.

In „Haunted“ erzählt sie davon, dass sie denkt, „haunted“ zu sein – schließlich bringen die typischen, meist ungewollten Tipps bei psychischen Erkrankungen - Kamillentee, Spazierengehen und Atmungstechniken - nichts und die „bad times keep coming on down, they keep knocking me round“.

„Ride My Bike“ thematisiert das Ende einer Beziehung, die einem nicht mehr gut tut, auch wenn man eigentlich wie Peter Pan und Wendy zusammenpasst – und das schmerzhaft realisiert. Man wünscht dem anderen nur das Beste, aber manchmal kann es eben nicht weitergehen. „So go on, you’ll do so well, I feel the fresh air of an open door, I hope you do as well“.

Fazit

8
Wertung

Alex the Astronaut ist musikgewordene Poesie, mal was anderes im Autotune-immer-gleichen-Pop-Dschungel. Jede:r hätte in der frühen Pubertät eine Alex gebraucht, die einem sagt, dass es okay ist, wie man ist und was man fühlt, dass diese Gefühlswirrungen auch irgendwann vorbei gehen und man aus allen negativen Situationen irgendwie rauskommt. Dass es eben kein Zeichen von Schwäche ist, sich Probleme einzugestehen und Hilfe anzunehmen. Sie lässt mit diesem Kunstwerk von Album wortwörtlich Sonnenblumen blühen, sogar unter Wasser.

Jannika Hoberg