„Ich bin neu in der Hamburger Schule“, sang Dirk von Lowtzow in einer Art Selbstverortung auf „Nach der verlorenen Zeit“, dem zweiten Album, das 1995 erschienen ist. Im Gegensatz zu seinen Kollegen Jan Müller und Arne Zank war Lowtzow tatsächlich ein in die Hansestadt Zugezogener. In die Hamburger Schule, jene Musikbewegung, die das Auf-Deutsch-Singen auch in Indie-Kreisen wieder populär machte, kamen Tocotronic als Erstis zu spät, aber gut gestylt: Cordhosen, Trainingsjacken, obskure Werbe-T-Shirts aus den 70ern und Seitenscheitel prägten das öffentliche Image der Band, das von der schnell gewachsenen Fanbase gerne kopiert wurde. Insbesondere „depressive Gymnasiasten vom Land“ (Zitat laut.de) fanden sich in den Songs wieder, die hauptsächlich zwei Schlagrichtungen kannten: Hasstiraden gegen Fahrradfahrer („Freiburg“ von „Digital ist Besser“, 1995), Kabarett-Wichtigtuer („Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst“ von „Wir kommen um uns zu beschweren“, 1996) und andere Auswüchse linksliberalem Spießertums, sowie verzweifelt-sehnsuchtsvolle Romantik („Drüben auf dem Hügel“, „Wie wir beide nebeneinander auf dem Teppichboden sitzen“, beide „Digital ist besser“).
Nachdem Tocotronic innerhalb kürzester Zeit vier Alben (1997 folgte noch „Es ist egal, aber“) mit musikalisch rudimentären und inhaltlich subjektiven, fast tagebuchhaften Songs veröffentlichten, wirkte „K.O.O.K“ wie die Bachelorarbeit einer gereiften Band: traumartige Texte und Lo-Fi-Synthies brachten 1999 Tocotronic erstmals in die Top Ten der deutschen Charts und die Single „Let There Be Rock“ in die Heavy Rotation bei Viva Zwei.