Aus Simons Videos spricht vor allem ein Hang zur ästhetischen Intensität. Im Performance-Clip zu „Smile“ vom Noiserock-Geheimtipp Heads wird die klanglich unangenehme Verwaschenheit des Songs in unscharf bebende Nahaufnahmen transferiert. In Donnokovs und Kind Kaputts Kooperations-Single „Schere“ wird die textlich ausgedrückte Dekadenz sehr prägnant durch ein Konglomerat aus weißen Polo-Hemden, Sekt und Pool-Party verdeutlicht, während der musikalisch-dramaturgische Ausbruch schließlich auch durch unruhigeres Wasser seine visuelle Ergänzung findet. Die von Simon umgesetzten Songs werden so in ihrem emotionalen Gefühl durch ihre optische Komponente verstärkt. „Bei meinen bisherigen Projekten habe ich vor allem versucht, den Song optisch zu verdeutlichen“, definiert Simon seine Herangehensweise und gibt gleichzeitig einen Ausblick, wo er gerne noch hin möchte. „In Zukunft möchte ich aber gern mehr auf eine eigene Erzählebene gehen, das wird dann vor allem meine freien Projekte betreffen. Am Ende ist es aber trotzdem noch ein Musikvideo, deswegen müssen die Bilder dem Song zuspielen und nicht umgekehrt. Das Video ist nicht der eigentliche Hauptakteur.“
Dabei fällt auch auf, dass Simons Faszination für Videographie vor allem aus ästhetischen Interessen und nicht aus bestimmten Erzählebenen entsteht. „In Rockvideos hast du es sehr oft, dass sehr viel Handlung reingepackt wird“, denkt er nach. „Im Hip-Hop ist das oft gar nicht notwendig, da steht einfach nur ein performender Typ. Wenn du aber Handlung hast, dann ist die oft sehr kreativ umgesetzt. Ich mag zum Beispiel sehr Martin Swarovski als Regisseur, der hat etwa die Videos von Zugezogen Maskulin oder Grim104 gemacht. Das ist ein sehr schöner Stil zwischen reiner Performance und handlungsähnlichen, ästhetisch aufbereiteten Passagen.“ In diesem Zusammenhang ist etwa Rammsteins diesjähriger Blockbuster zu „Deutschland“ auch nicht in erster Linie wegen seiner irren Inhaltsfülle bedeutend: „Das Video hat mich wirklich inspiriert. Das liegt weniger an den vielen, tollen Ideen darin, denn dass du mit einem derartigen Budget enorm viel erzählen kannst, liegt ja fast schon auf der Hand. Mich hat vor allem das unglaubliche Produktionslevel beeindruckt. Der Specter, der früher Aggro Berlin gemacht hat, hat sich damit wirklich international die Krone aufgesetzt.“
Wenn Simon von seiner eigenen Arbeit spricht, dann redet er deswegen folgerichtig auch vor allem von Cineasmus und beschreibt vor allem den Zauber eines gut komponierten Bildes. „Mein schönstes Musikvideo überhaupt habe ich wohl für die Band LionLion gemacht“, meint er. „Die Produktionscrew hat da wirklich ein visuelles Meisterwerk geschaffen – umso stolzer bin ich, dass ich einen Teil dazu beitragen durfte. Die Jungs haben ein krasses Auge für Ästhetik und sind unglaublich verkopfte Typen. Deswegen hat es auch relativ lange gedauert, bis wir herausgearbeitet hatten, was wir bei unserer Zusammenarbeit eigentlich machen wollen. Aber ich finde es eben auch großartig, dass das Menschen sind, die sich nicht mit Standard zufriedengeben. Die haben immer den Anspruch, etwas Einzigartiges zu schaffen.“
Warum Simon so begeistert von seiner Kunst ist, wird am deutlichsten, wenn er seine große Sichtweise auf Musikvideos beschreibt. „Ein Video kann einen Song noch so viel intensiver machen“, sagt er. „Es ist etwas ganz Anderes, wenn man einen Song als solchen wahrnimmt, oder wenn man dazu noch Bilder hat. Diesen Anspruch habe ich. Ich möchte etwas Komplexeres schaffen als nur ein Musikstück. Ich möchte ein kleines Paket schnüren, das dir unvoreingenommen präsentiert wird und das dich in dem Song wühlen lässt. Das macht alles ein bisschen tiefer.“