Wenn ich an Free Jazz denke, entfaltet sich in meinem Kopf immer eine akustische Version des Völkerball-Matches einer präpubertären Schulklasse. Alles läuft durcheinander, niemand weiß so richtig in welchem Team er oder sie jetzt spielt, aber scheißegal, Hauptsache der Ball trifft und klatscht dabei möglichst laut. Nur dass die Leute beim Free Jazz eben — mutmaßlich — sehr genau wissen was sie da tun. Naja, man kann das natürlich jetzt in pädagogisch wertvoller Referendar:innen-Manier versuchen zu entzerren, zu ordnen und hinterher im Sitzkreis zu reflektieren, oder man erfreut sich halt an dem Chaos, was sich da entfaltet. Soweit so gut, nun also zu Selvhenter und ihrem Album “Motions of Large Bodies”. Zur Assoziation mit dem Titel mal vorweg: finde ich äußerst passend, vor allem angesichts der Tatsache, dass der Song “Mos Def” ja wohl eindeutig der viel bessere Soundtrack zu der Elefantenmarschszene im Dschungelbuch gewesen wäre. Aber mich fragt ja keiner…
Auf den ersten Blick wirkt die Platte für mich nicht unbedingt wie die Speerspitze des Attributs “Free”, scheint mir der durchaus catchige Opener “Golden Boy” doch relativ zusammenhängend. Dieser Eindruck sollte sich auf den folgenden Tracks ändern, als die Schwed:innen plötzlich auf die Idee kommen, man könne ja mal andere Musikstile mit in dieses Improwirrwarr werfen. Noisige E-Gitarren zum Beispiel, oder Drone-Metal-mäßige Waberbässe, oder karibische Trommeln. Ist ja schließlich Free Jazz. Das Ganze nimmt dann irgendwann die Form eines Tags der offenen Tür in der örtlichen Musikschule an, zu dem aber aus irgendeinem Grund nur verrückte Genies gekommen sind. Kurzum könnte man meine Stimmungskurve während des Albums wie folgt beschreiben: Hätt's mir schlimmer vorgestellt - Aha, oh boy - WTF - eigentlich ganz geil - wieso hör ich das erst jetzt?! - bitte mehr davon.