Prince Daddy & the Hyena und „Cosmic Thrill Seekers“: Zyklen
02.07.2019 | Felix ten Thoren
Die zyklische Natur der Welt und der geistigen Verfassung – nicht gerade die einfachsten Themen für ein Pop-Punk-Album. Wenn diese dann auch noch in den sprachlichen Bildern eines Kinderfilms erzählt werden sollen, braucht es schon mehr als ein solides musikalisches Gerüst, um die Versatzstücke beieinander zu halten. Für „Cosmic Thrill Seekers“ steht an dieser Stelle – ganz unbescheiden – Frontmann Kory Gregory, der das Album in den letzten vier Jahren quasi im Alleingang schrieb. Sehr persönlich schildert er darauf die phasenartige Entwicklung seiner mentalen Gesundheit, dargestellt durch drei jeweils unterschiedliche Sinnesabschnitte. Am Ende – das kann man sagen – folgt der Neubeginn des Kreislaufs.
Aber von Anfang an. Der Opener „I Lost My Life“ rollt zunächst einen weichen Akustikteppich aus, den Gregory sogleich mit der stimmlichen Eleganz einer stahlbesaiteten Rauhaarbürste betritt. Dies geschieht keineswegs aus Unvermögen, sondern steht sinnbildlich für den seelischen Zustand des Frontsängers. Trotzdem ist man froh, sobald sich das überschlagende Gekrächze zu den angezerrten E-Gitarren gesellt und auf diese Weise eine deutlich harmonischere Symbiose eingeht.
Prince Daddy & the Hyena haben ihren vom Garage geprägten Punk-Sound deutlich weiterentwickelt. Emo-Elemente finden sich nun ebenso im Arsenal der Band wie ausladende, ja, geradezu Queen-artige-Arrangements. „Ursula Merger“ ist so ein Track, in dem Punk-Operette und verspielter Groove auf natürliche Weise zusammenfinden. Wirklich beindruckend. Zugutehalten kann man den Amerikanern außerdem, dass sie das ganze „Zauberer-von-Oz-Thema“ nicht allzu dick auftragen und es bei einigen Anspielungen und Metaphern belassen.
Und doch: „Cosmic Thrill Seekers“ verfängt sich auch in eigenen Teufelskreisen. Zu nennen wäre da insbesondere der überpräsente Fokus auf Gregorys Lyrics, die teils in unendliches Gesabbel ausarten und selbst die ebenfalls großzügig gesäten instrumentalen Arrangements überschatten. Punk-Oper hin oder her, Songs wie „Trying Times“ hätten von etwas mehr Zurückhaltung sicherlich profitiert. Ebenfalls wenig zurückhaltend, aber doch mit interessanten Kniff: Der letzte Track „Wacky Misadventures“. Nach fast sechs Minuten Laufzeit kehrt hier nämlich das Akustik-Intro des Anfangs zurück. Wer will, kann so gleich die nächste Runde beginnen.
Wertung
Hätten wir eine Genre-Wertung, wären die Cosmic Thrill Seekers um Prince Daddy und sein Katzentier sicherlich höher auf der Rating-Skala. Bei mir persönlich ruft Kory Gregorys Zyklus-Oper jedoch eine ähnliche Reaktion hervor wie der Opern-Zyklus eines gewissen deutschen Komponisten: Ambitioniert, teilweise genial, aber in voller Länge doch etwas anstrengend.
Wertung
Pop-Punk gehört gelinde gesagt nicht gerade zu meinen Lieblings-Genres, wenn man herausragende Einzelfälle wie Pup mal außen vor lässt. Prince Daddy haben bei mir somit schon mal grundsätzlich schlechte Karten - umso beeindruckender wirkt ihre neue Platte. Dass "Cosmic Thrill Seakers" so aus der Masse des glattgebügelten Emo-Einheitsbreis heraussticht, liegt vor allem an der himmelschreiend verrückten Orchestrierung der Songs und zum anderen an der dazu im Kontrast stehenden Stimme von Kory Gregory, die dreckiger klingt als alles, was das Genre im Autotune-verseuchten Glitzer-Sumpf bisher gehört hat. Kein perfektes Album, aber wer so loslegt, der hat noch Größeres vor.
Felix ten Thoren
Felix widmet sein Studium der historischen und systematischen Musikwissenschaft in Hamburg. Er wurde mit HipHop sozialisiert, findet aber auch Gefallen an diversen Stilrichtungen von Blues bis Hardcore.