Jedes Jahr kommt dieser eine Punk-Release, welcher heraussticht und sowohl mit seiner simplen Struktur als auch der aggressiv-lyrischen Tiefe überzeugt. Dieses Jahr bekommt „Baby“ von Petrol Girls genau diese Auszeichnung. Die Band aus London gehört wohl zu den Punk-Geheimtipps der letzten paar Jahre. Aus der gleichen Schneise wie Amyl And The Sniffers, Press Club und Chartreux machen sie reinen Punk, welcher sich gegen die sexistische Norm, Patriotismus und allerlei anderen menschenfeindlichen Dreck richtet. Also so, wie Punk im Jahre 2022 sein sollte!
Ihr 2019er-Album „Cut&Stitch“ hatte sich in eine etwas „ruhigere“ Richtung bewegt, bot mehr Melodie und war weniger rotzig. „Baby“ wirft all diese Schritte in die Tonne, wo übrigens auch die gehaltlosen Argumente liegen, dass es kaum für Festivals buchbare FLINTA*-Bands gebe. „Preachers“ legt auch direkt los: Stringente Riffs und hämmernde Drums unter den latent aggressiven Vocals von Ren Aldridge, in welchen von radikaler Religion gesprochen wird. Es kann so einfach sein. Gegen Ende wird das Instrumental immer dreckiger, bis das Grundriff eher dem einer Garagen-Grunge-Band aus den 90ern ähnelt, als es sich nach heute anhört. Das ist auch die Basis dieses Album, allerdings spricht das dem Album keineswegs die Eigenheiten ab. Viele der Songs hören sich nämlich so gar nicht nach etwas an, was in den letzten Jahren oft zu hören war. Ein weiteres gutes Beispiel dafür ist die Single-Auskopplung „Baby, I Had An Abortion“. Das Thema ist ja mal wieder topaktuell und trotz der Tatsache, dass der Grundton des Songs gleich zu den anderen Songs ist, klingt er komplett anders als ein Track wie „Preachers“. Und so hört sich dieses Album an, immer anders, aber durchgehend punkig und rotzig. Den Peak erreichen Petrol Girls mit „Fight For Our Lives“, welches sich nur als „utter chaos“ beschreiben lässt. In der Strophe lässt man die Wut walten, um im Refrain kurz einen Chor auf dieses Chaos zu spielen. Großartig.