Nach einer langen Bandpause kehrten Evanescence 2015 auf die Bühne zurück und nach drei (bzw. vier, wenn man das stark limitierte Erstlingswerk mitzählt) Alben, gehen Lee und ihre Band völlig neue Wege. Orchestrale Elemente waren stets Teil der Kompositionen der US-Amerikaner, immer jedoch mit mehr oder weniger harten Rockelementen gepaart. Letztere mussten nun weichen. „Synthesis“ kleidet bekannte Songs der Band in ein orchestral-elektronisches Abendkleid und bietet einen neuen Blick auf die Lieder. Dieses Album als bloßes Best-Of abzutun wäre ungerecht, da die Lieder teils völlig anders klingen. Und auch wenn ca. 2/3 der Songs von vorherigen Alben sind, gibt es hier eine völlig neue Sound-Erfahrung. Wer also Evanescence so wie sie waren mochte, wird hier etwas Eingewöhnungszeit brauchen.
Amy Lees Stimme ist das Einzige, was noch an die Band erinnert. Wurde sie vorher von Gitarre, Bass und Schlagzeug begleitet, gibt es nun ein Orchester und synthetisch-elektronische Sounds. Klangtechnisch wird Imposantes geboten. Geigen, Piano, Percussions, elektronische Drums und Spielereien werden gepaart mit Amy Lees Stimme, welche da definitiv mithalten kann.
Mag das Konzept noch interessant klingen, so ist die Durchführung doch teils etwas ernüchternd. Funktioniert die Idee bei Songs wie „Lithium“ oder „My Immortal“ recht gut, da diese eben eher ruhiger sind, so zeigen sich bei den härteren Stücken doch Schwächen. „Bring Me To Life“ lebte von Dramatik und Verzweiflung in Text und Klang. Durch die vielen sanften Töne wird beides hier sehr entschärft. Das Leiden ist nicht mehr hörbar. Technisch sauber abgemischt, verliert der Song leider etwas von seinem Charme. Und er ist nicht der einzige. Die Lieder klingen nicht schlecht und sind interessant komponiert, jedoch fehlt manchen Songs im Vergleich zum Original eben die Härte.