Reviews

The Dirty Nil und "Free Rein to Passions": Der eigenen Leidenschaft unbeirrt folgen

Mit “Free Rein To Passions” veröffentlichen The Dirty Nil ihr viertes Studioalbum. Das kanadische Trio liefert wie gewohnt einen abwechslungsreichen Sound aus Hardrock und Punk ab, der in den 1990ern genauso zu Hause ist, wie im Hier und Jetzt.

Den Prozess vom Songwriting zur Aufnahme zur Nachproduktion genaustens zu planen, ist für viele Bands ein sicherer Weg ein Album aufzunehmen. Nicht so für Luke Bentham, Kyle Fisher und den neuen Bassisten Sam Tomlinson. Ziellos jammen, sich treiben lassen, Texte, Riffs und Übergänge ungeschliffen und unperfekt aufnehmen – dies beschreibt den kreativen Prozess bei der Entstehung des neuen Albums „Free Rein To Passions“ am deutlichsten. So entstanden zehn kraftvolle Songs, die Erinnerungen an 90er Jahre Punkrock aufleben lassen, aber ebenso Assoziationen zu Against Me! hervorrufen. Musikalisch unterscheiden sich die Songs nicht grundlegend vom Vorgänger „Fuck Art“: Stadiontauglicher Punkrock („Nice Guy“), wechselt sich mit Hardrockriffs und Metalparts ab. Die Band setzt diesen härteren Bestandteilen ihrer Lieder immer eine Melodie entgegen, die den Hörer durch die einzelnen Tracks tragen.

Textlich überzeugen die drei Kanadier durchaus, auch wenn die lyrischen Höhenflüge doch eher selten und auch nicht zwingend gewollt sind. Vielmehr sind die Songs darauf ausgelegt, aus hunderten Kehlen mitgesungen zu werden. Allerdings bieten die Songs Botschaften. „Stupid Jobs“ ist ein Plädoyer, stumpfe Jobs abzulegen und sich dem zu widmen, was mensch liebt. Den Wunsch am Ende einer Beziehung umfassend aus den Erinnerungen ausradiert zu werden, greift „Atomize Me“ auf. Der Rückgriff auf das Leben und die Leidenschaft steht zusammenfassend im Fokus der Lyrics. Eindrücklich  verkörpert durch „The Light, The Void And Everything“ und dem titelgebenden Track „Free Rein To Passions“. Über allem steht das Bestreben und der Wunsch ein guter Mensch zu sein.

The Dirty Nil bleiben sich treu. Sie bedienen sich auch auf ihrem neuen Album aus dem Besten aus Punk- und Hardrock der letzten 30 Jahre: Sie klingen wie Sum 41 oder Against Me!, bearbeiten ihre Instrumente wie Metalbands und hauen ihre Hardrockriffs heraus wie Aerosmith. Sie kreieren aus diesen Anleihen aber erfreulicherweise auf „Free Rein To Passions“ ihren eigenen Sound.

Fazit

6.3
Wertung

The Dirty Nil liefern eine solide Punkrock-Scheibe ab, die handwerklich und stilistisch durchaus zu gefallen weiß und textlich überzeugt. Ein Album, welches geradezu prädestiniert ist, es laut zu hören. Aber wer die letzten Platten der Kanadier kennt, dem bietet sich nicht viel Überraschendes oder Neues.

Frank Diedrichs
6
Wertung

The Dirty Nil bleiben sich treu und bieten auf "Free Rein to Passions" wieder euphorisierend aggressiven Garage-Punk. Arg viel mehr lässt sich darüber eigentlich gar nicht sagen, aber dementsprechend halt auch nichts Schlechtes. Pommesgabel-Emoji!

Steffen Schindler