Assoziationen zur Romantik sind in diesen Tagen größtenteils in klischeebehafteten Szenerien mit unzähligen Kerzen, Rosen und unerträglichem Kitsch verortet. Bemüht man die Suchmaschine seiner Wahl, werden zum Stichwort „romantische Musik“ lächerliche Playlists mit Hits zum Kuscheln angepriesen. Besinnt man sich allerdings auf die Romantik des 18. und 19. Jahrhunderts bewegt man sich zwischen Sehnsucht, Leidenschaft, dem Schaurigen und der Phantasie, zwischen Emotionen, die genauso ambivalent wie die Liebe selbst sind. Wenn davon die Rede ist, dass Deafheaven mit „Ordinary Corrupt Human Love“ der Romantik in ihrer Musik Raum bieten, dann definitiv im letzteren Sinne. Die kalifornische Band bricht die Genregrenze des Black Metals auf und kreiert fließende Übergänge durch Alternative, Post-Rock und Shoegazing-Elemente, die gemeinsam zu einem eigenständigen Sound verschmelzen. Genau diese künstlerische Freiheit trägt Schuld daran, dass Deafhaven einen teilweise umstrittenen Stand in der Metal-Szene haben und von alteingesessenen Metal-Heads gelegentlich zur hippen Modeerscheinung degradiert werden.
Die sieben Titel der neuen Platte fügen sich zu einer gewaltigen Gesamtkomposition zusammen und zeichnen sich durch auf- und abschwellende Soundwände aus, die immer wieder hellen, melodischen Klängen weichen und deren Dynamik über Song-Grenzen hinweg bestehen bleibt. Inhaltlich schmücken die Musiker ihr viertes Album mit Texten von hoher lyrischer Qualität, die offen für eigene Interpretationen bleiben.
Der Opener „You Without End“ beginnt mit einem sanften Piano, das von atmosphärischen Gitarren-Klängen begleitet und durch den Vortrag einer entfernten und doch strahlenden Frauenstimme komplettiert wird. Der Scream-Part von Gründungsmitglied George Clarke lässt bis zur Hälfte des Songs auf sich warten, verwehrt allerdings den bereits erwarteten Breakdown, der schließlich in „Honeycomb“ verwirklicht wird. Zwar wird der Sound hier durch schnelle Drums und einen deutlich höheren Keif-Anteil verdichtet, doch der emotionale Ausbruch bleibt kontrolliert und mündet in einen Instrumental-Part, der die verträumte Stimmung des Openers weiterführt.