Und so groß die Freude über die Entscheidung der britischen Regierung in Lockdown-Fragen ist, so angepisst ist man über den Rest, den Boris Johnson und Co verzapfen. Deshalb fordert Frank gemeinsam mit Cassyette: „Off With His Head“. Unter dem Musikvideo zum Song stellt ein entgeisterter Fan aber fest: „this is pop“. Und hat damit absolut recht. „Sticky“ bedient sich an verschiedenen Einflüssen und poliert diese, bis glänzender Pop-Rock übrig bleibt. Diese Einflüsse sind extrem britisch: die Energie des Punk, die Melodieseligkeit von Gitarrenpop, ein im Vordergrund stehender Post-Punk-Bass, Synthies aus Madchester und Beats, die vor der Grundreinigung mal Grime gewesen sein könnten. Dass neben den hochaktuellen Feature-Gästen auch Primal-Scream-Frontmann Bobby Gillespie eingeladen wird, passt zu dieser Traditionsbildung. Und es wäre auch wirklich ein netter Mix, wenn nicht alles mit dem Glätteisen behandelt und mit gleichförmig-radiotauglichen Melodien ausgestattet worden wäre. Diese Tendenz hat sich zwar schon angekündigt, aber scheinbar sind Frank Carter & The Rattlesnakes endgültig nicht mehr aus der Pop-Rock-Ecke herauszubekommen. Dass man durchaus Massentauglichkeit und eine gewisse Edgyness unter einen Hut bringen kann, zeigen Bands wie die Idles, deren Sänger Joe Talbot auf „My Town“ übrigens auch einen Feature-Part grunzt. Einen ähnlichen Kleinstadt-Hass-Song hat seine Band mit „Model Village“ bereits im Angebot. In der Zeit, die „Sticky“ läuft, könnte man den sieben Mal hören. Und wahrscheinlich wäre das interessanter.