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Van Schelln bringen mit "Schellenbringer" fränkische Mundart in die Rockmusik

Mundart in der Musik ist eine schwierige Sache. Wenn nicht gerade von Idiotenrock à la Andreas Gabalier die Rede ist, ist die Zielgruppe meist nicht gerade groß, meistens ein Paar aus der Region. Trotzdem sind Van Schelln mit Schellnbringer auch außerhalb von Mittelfranken einen Blick wert.

Zunächst muss wohl einiges erklärt werden. „Schelln“ ist das Fränkische Wort für Ohrfeige. „A drümmer Schelln“ ist dementsprechend die Steigerung. Vielleicht muss man noch früher anfangen. Bayern ist unterteilt, ein Teil ist Franken, Mittelfranken ein Teil davon. Zwischen allen Sorten Franken, die es noch so gibt, gibt es gleich noch so viele Unterschiede, dazu an anderer Stelle mal mehr. Es sei einfach gesagt, auf „Schellnbringer“ wird fränkisch gesprochen. Nicht bayerisch. Wichtig.
„Van Schelln“ kommen aus dem schönen Erlangen. Und thematisch geht es um das fränkisches Kulturgut, besonders im kulinarischen und kulturellen. Musikalisch und lyrisch vielleicht nicht das große Kino, aber das macht das Quartett mit Charme und Humor wieder weg. Anders als die Lokalmatadoren von J.B.O. (auch aus Erlangen) singen die Van Schelln komplett im Dialekt. Dabei bedienen sich die Mannen hauptsächlich an den klassischen Hard-Rock-Elementen.

In „Broudwoschdghäggwägg“ wird über die verschiedensten Fleischgerichte aus der Region gesungen und rezitiert. Hier die Übersetzung und Erklärung zum Titel: Zu Deutsch Bratwurstgehäckbrötchen. Dafür nehme man eine grobe Bratwurst, entfernt die Haut und verteilt die Masse auf einem Brötchen. Bei vielen der Gerichte kann man froh sein, dass man nicht weiß was das ist, Unwissenheit kann auch ein Segen sein. Musikalisch ist „Broudwoschdghäggwägg“ eher experimentell angehaucht.

Es geht mit einer a-capella Einlage los und die beinah lasziv klingende Aufzählung wird von zurückhaltenden Gitarren begleitet. Allerdings nehmen Tempo und Power zum Ende nochmal mächtig zu und es wird ein Solo hingeschmettert, dass einerseits extrem verzerrt ist, andererseits aber einfach richtig stark.

In „Kommerzroggmusic“ nehmen sich Van Schelln selbst auf die Schippe, indem sie die Standardrockfloskeln spielen - nur eben auf Fränkisch. Das Ganze gehüllt in klassische Hard-Rock Riffs. Aber wie klingen Phrasen wie „Put your Hands up in the Air“ oder Ähnliches im Endeffekt? „Du musst zappeln wenn wir spielln“. Nur eine von Vielen, aber eine der Schönsten. Eines sticht hier wieder mal heraus, was sich schon durch die Platte zieht: Sänger Stock, hat gesanglich was auf dem Kasten. Zeigt die Band aber nicht so oft, da der Fokus dann doch mehr auf Krach liegt.
Ein kleines Disko-Skit ist auch noch dabei. „Duwenndeibabbmnedhaeldsdnahauidiranenunder“ist zwar ein wenig gewaltverherrlichend, aber sind wir ehrlich: Wer hat noch nie jemandem Schläge angedroht, weil derjenige seine Klappe nicht halten konnte?

„Schellnbinger“ ist eine Sammlung Fränkischer Floskeln und Begriffe, gehüllt in Rock und Hard-Rock. Das klingt so ziemlich langweilig und platt, aber in Wahrheit ist das Charmant, witzig und auch authentisch. Van Schelln verstellen sich nicht und haben einfach Spaß an der Musik und am Lärm. Dagegen kann Gabalier einpacken.

Fazit

6.8
Wertung

Musikalisch ist das nicht wirklich aufregend, wenn auch der Gesang wirklich gut ist. Was die Platte außergewöhnlich macht, sind einfach die Authentizität, der Humor und besonders der Charme dieses herrlichen Dialekts.  Zusammengefasst im höchsten Lob des Franken: Bassd scho'.

Moritz Zelkowicz