Jazz und der Film

Beim Stichwort „Jazz“ denken die allermeisten wahrscheinlich an die Musikrichtung, typische Instrumente oder berühmte Musiker:innen. Doch der Jazz hat auch längst Einzug in andere Medien gehalten, allen voran in die Sphären des Films. Um den Ursprung und zwei wunderschöne Filme dieser Art soll es hier gehen.

Zu Beginn muss erstmal eine Definition erfolgen. Ein sogenannter Jazzfilm ist nämlich in der Regel ein Kurzfilm, der ein bestimmtes Musikstück portraitiert. Besonders bekannt wurde dieses Genre des Films gemeinsam mit Dokumentationen über die Musik-Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Doch darum soll es hier nicht gehen – der Fokus liegt in diesem Artikel auf modernen Spielfilmen, die sich des Jazz bedienen, um die Musik als Soundtrack und/oder Storyinhalt zu verwenden. Als Soundtrack für Filme wurde Jazz bereits in den 50er-Jahren verwendet, beispielsweise in „Anatomy Of A Murder“ von Duke Ellington aus dem Jahr 1959. Inhaltlich begann es natürlich bei biographischen Darstellungen von Jazzmusiker:innen, ebenfalls ab den Fünfzigern. Am bekanntesten ist hier sicherlich „Bird“ über den legendären Charlie Parker, der Film hat 1989 auch den Oscar für den besten Soundtrack verliehen bekommen.

Doch auch in fiktive Geschichten findet Jazz, sowohl als Soundtrack als auch als Part der Storyline, Einzug. Zwei dieser recht aktuellen Filme, die sich des Genres sowohl in der musikalischen Untermalung als auch in der verfilmten Geschichte bedienen, wollen wir nun vorstellen und empfehlen.

Einer der ersten Filme, die mir beim Brainstormen über den Themenmonat in den Kopf gekommen ist, ist La La Land von 2016. Der Film von Damien Chazelle wurde mit ganzen sechs Oscars ausgezeichnet, unter anderem für die beste Filmmusik, und gehört zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Im Film geht es um die angehende, aber noch recht erfolglose Schauspielerin Mia, die in Los Angeles auf den jazzvernarrten, aber ebenfalls von wenig Erfolg gekrönten Sebastian trifft. Sebastian träumt vom eigenen Jazzclub, verdient sein Geld aber bei abendlichen „Auftritten“ am Klavier in Restaurants, während Mia sich von Casting zu Casting angelt und in einem Café aushilft. Die beiden verlieben sich schließlich ineinander, aber die Beziehung wird immer wieder auf eine harte Proben gestellt und der Film erzählt von Verzweiflung, Zerwürfnissen, Kompromissen und vor allem vom Verfolgen der eigenen Träume. Neben der sehr emotionalen Geschichte hebt die von Justin Hurwitz geschriebene Filmmusik das Filmerlebnis auf die nächste Stufe. Aus seiner Feder stammt auch der Soundtrack vom dreifach oscarprämierten „Whiplash!“, für La La Lands Titelsong „City Of Stars“ erhielt er ebenfalls den Oscar für den besten Filmsong. Mann sollte sich jedoch auf keinen Fall abschrecken lassen! Die in den meisten Filmen eher unangenehm anzuschauenden Szenen, in denen Charaktere willkürlich anfangen, ihre Gefühle zu besingen, halten sich hier in Grenzen und werden wunderschön filmisch eingebunden. Besonders die Eröffnungsszene, die ein fast fünfminütiger One-Take ist, also ohne einen einzigen Schnitt gefilmt wurde, ist absolut faszinierend gemacht. Kein Wunder, dass einer der sechs Oscars auch der für die beste Kamera war.

Hauptcharakter Sebastian (Ryan Gosling) tritt im Verlaufe des Films einer Jazzband bei, „The Messengers“, die von seinem Schulfreund Keith, portraitiert durch den Pop-/Soulsänger John Legend, gegründet wurde. John Legend, bekannt vor allem durch die Popballade „All Of Me“, lernte für den Film Gitarre spielen, Ryan Gosling Klavier– und beide haben tatsächlich alle Szenen an den Instrumenten selber gespielt. La La Lands Soundtrack ist auch eigenständig als Album sehr hörbar, was doch eher selten vorkommt. Aber auch neben dem empfehlenswerten Soundtrack ist der Film einfach wunderschön und die Zeit mehr als wert.

Der zweite Film, den ich im Rahmen dieses Artikels vorstellen möchte, ist noch ein Stückchen aktueller. Es handelt sich um den erst kürzlich bei Disney Plus erschienenen Pixarfilm Soul. Zu dem und vor allem dem Soundtrack hat Joe im Rahmen seiner „Nagelstudio-Kolumne“ schon einen liebeserklärenden Text geschrieben, den ihr hier findet. Trotzdem darf der Film hier nicht unerwähnt bleiben. Schon das Prinzip, das hinter der Geschichte steht, ist wunderschön. In Soul geht es um den Lehrer Joe, der gerne professioneller Jazzmusiker wäre, aber die Big Band seiner Schule leiten muss. Als er eines Tages das Angebot bekommt, mit seiner Lieblings-Jazzmusikerin gemeinsam aufzutreten, scheint sein großer Traum in Erfüllung zu gehen. Doch übermütig und unachtsam fällt er auf dem Heimweg in ein Loch und stirbt. In der Welt des Films kann die Seele eines verstorbenen Menschen allerdings Mentor für eine Seele werden, die dann erst in den neugeborenen Körper eines Menschen kommen soll. Joe wird die aufmüpfige 22 zugeordnet, die auch schon Mentoren wie Abraham Lincoln und Albert Einstein in den Wahnsinn getrieben hat und einfach nicht bereit für die Erde sein möchte. Doch da Joe unbedingt zurück auf die Welt möchte, um seinen Lebenstraum zu erfüllen, schließen sich die beiden zusammen und das Abenteuer beginnt.

Untermalt von einem wunderschönen Score von den Nine Inch Nails Mitgliedern Trent Reznor und Atticus Ross sowie dem Jazzmusiker Jon Batiste, wird sogar ein wenig in die Geschichte und die Welt des Jazz eingeführt. Lest gerne ergänzend den Artikel von Joe, aber auch von mir gibt es eine große Empfehlung für Soul.