Was kann ich noch zu "Closure" sagen?
Es ist in seiner Form einzigartig. Nie wieder habe ich eine solch wunderschöne Mischung aus Live-Mitschnitten und Backstage-Aufnahmen dieser Art gefunden. Es ist roh, brutal, witzig, traurig und all das, wofür Nine Inch Nails damals stand, aber eben auch ein bisschen wie ein altes Familienvideo. Heutzutage würde ein Nine-Inch-Nails-Tourfilm oder eine Tourdoku völlig anders aussehen. Vermutlich zerlegt Reznor keine Backstageräume mehr und mit Mehl bewirft sich die Band schon lange nicht mehr. "Closure" ist ein Zeitzeuge und ein kleiner Dolch in meinem Herzen, weil ich diese Zeit nicht miterleben konnte - erstens, weil ich noch in der Grundschule war und zweitens, weil ich Nine Inch Nails damals noch nicht kannte. Aber es bietet die Möglichkeit in eine Welt einzutauchen, die an Wut, Chaos und Spaß kaum zu übertreffen ist.
Natürlich gibt es tolle Konzertfilme und bestimmt auch irgendwelche Bands, die noch Backstagematerial mitliefern, wobei es heutzutage vermutlich einfach bei YouTube, Instagram oder Tik Tok landet. Aber in einer Zeit, in der Mobiltelefone noch keine Kameras hatten, muss man den Aufwand auch zu schätzen wissen, dass eine Tour ständig von Handkameras begleitet wurde und mir als Fan die Chance gibt dabei zu sein, wenn Reznor mit seinem Hund spielt [Minute 10:30] oder seine Bandmitglieder verletzt [Minute 50:00], nur um danach einen Interviewausschnitt zu sehen, welcher mein Lieblingszitat enthält:
"300 shows...I think we're doing OK. No deaths yet." (wirklich ein wenig überraschend)
Bei "Closure" kann sich ein Fan als Teil der Crew oder Band fühlen. Überall dabei sein und eben nicht nur das eingespielte Konzert erleben, sondern auch die kleinen Details und grandiosen Momente. Ob das damals wünschenswert war, sei dahingestellt. Vielleicht wäre man der arme Trottel gewesen, der das Keyboard wieder zusammenkleben muss, nachdem Reznor und seine Bandkollegen es im Wahn zerstört haben [Minute 43:23], aber ich persönlich hätte es gerne erlebt.
Ich kann nur empfehlen sich die Zeit zu nehmen und sich das Video komplett anzusehen. Es mag grobkörnig und soundtechnisch nicht das Beste sein, was ihr je gesehen habt, aber es ist vermutlich der persönlichste Tourdokufilm, den es gibt .