Liebe Leser:innen,
stellvertretend für die gesamte Redaktion wünsche ich euch ein fantastisches neues Jahr. Wir starten in 2022 wieder Mal mit einem waschechten Brennpunkt. Die Pandemie ist noch immer nicht vorbei, Omikron setzt schon zum Sprint an und während wir uns darüber alle die Haare raufen, kommen wir kaum dazu, über all die anderen Krisen zu sprechen, die wir dringend in die Hand nehmen müssten. Trotz seit kurzem grünerer Regierung sieht es aktuell kaum danach aus, als wären wir ansatzweise auf dem Weg, unsere Klimaziele einzuhalten. Und immer noch sterben Menschen auf dem Mittelmeer. Einen Jahreswechsel mit Feuer entgegenzublicken fällt mir deswegen in letzter Zeit immer schwerer. Und auch wenn wir uns alle überall dort für eine bessere Welt einsetzen sollten, wo wir die Möglichkeit dazu haben: Am Ende des Tages ist immer noch am Wichtigsten, auch auf unsere eigene Gesundheit zu achten. Wir können Niemandem helfen, wenn wir uns nicht selbst im Griff haben. Ich wünsche mir für 2022 deswegen noch mehr Achtsamkeit und noch mehr Einsatz, um die Welt besser zu machen. Das geht nur mit gemeinsamem Willen und genug Stärke aus uns Allen heraus.
Vielleicht passt es in den Kontext dieser nachdenklichen ersten Sätze, dass wir uns bei Album der Woche für den Auftakt des Jahres einen Themenmonat über das Genre, aber eben auch die Kultur Emo überlegt haben. Ein Lifestyle, der vor einigen Jahren viele Jugendliche ansprach, die über sich und die Welt verzweifelt waren. Toxische Boomer dürfen da gern schreien, dass mit dieser Phase die Verweichlichung der jungen Generation begann – aber die Idealisierung von falscher Fähigkeit zur Selbstbehauptung, die letztendlich eigentlich nur bedeutet, dass man früher alles weggeschoben hat, ist keine unterstützenswerte Sache. Emo war für viele Jugendliche eine Plattform, um ihre Gefühle mit anderen teilen zu dürfen. Und das Dogma, dass man das nicht darf, tragen ja insbesondere Männer bis heute mit sich rum. Natürlich muss man all das gleichzeitig auch kritisch sehen, bewegte sich Emo doch oft auch auf dem schmalen Grat zwischen Gefühlsoffenheit und der Zelebrierung selbstschädigender Verhaltensweise wie Ritzen oder Suizid. Ein spannendes und komplexes Feld also, dass irgendwie immer noch verdammt gut im Zeitgeist steht und gleichzeitig eine gewisse Geschichte hinter sich hat.
Auch unter diesem Hintergrund haben wir den „Emonat“, wie wir ihn redaktionsintern liebevoll getauft haben, dieses Mal in zwei große Sektionen unterteilt. Unter „Emo damals“ schauen wir uns Emo bei seinem ersten großen Aufflammen an. Unser redaktionsinterner Genre-Experte Joe berichtet aus seinem Leben als Emo-Kid, wir sammeln die besten Genre-Platten und sprechen natürlich auch ganz, ganz viel über My Chemical Romance. Während jetzt schon die ersten „Die sind doch gar nicht Emo!“ schreien, verweise ich auf die zweite Sektion „Emo heute“, wo mein Kollege Steffen unter anderem über das „Real Emo“-Meme geschrieben hat – ein Meme-Artikel ist bei uns glaube ich auch eine Premiere. Kai hat sich außerdem gefragt, wie Emo Twenty One Pilots sind. Und ich habe das Genre von damals mit dem Genre von heute verglichen – was sagen die Texte der jeweiligen Bands über die Generationen, in denen sie stattfinden?
Und auch abseits unseres Themenmonats haben wir natürlich eine ganze Menge über Musik zu sagen. In „Unter dem Radar“ begrüßen wir dieses Mal die tolle Prog-Post-Hardcoreband Kaak. Und der aktuelle Releasekalender lässt mich teilweise ganz schön frohlocken: Da sehe ich gleich zu Beginn des Jahres mit den neuen Platten der Alex Mofa Gang, Alarmsignal und Sondaschule viele Feste für Deutschpunkfans. Die unkaputtbaren Tocotronic sind auch mit einer neuen Platte am Start – und sogar Black Country, New Road haben schon wieder Musik gemacht. Dabei ist das sensationelle Debütalbum doch erst gerade erschienen.
Wir wünschen euch einen tollen Start ins neue Jahr und viel Spaß beim Lesen!
Jakob für die Redaktion