Norbert Richter ist Einkaufsleiter des Bereichs Klassik bei jpc, einem der relevantesten Versandhändler für Tonträger in Deutschland. Wir haben mit ihm über die Auswirkungen der Coronapandemie, den Hype um das Vinyl und die Zukunft des Tonträgers gesprochen. Soviel schonmal vorweg: von Untergangfantasien und Schwarzmalerei ist sein Blick in die Zukunft weit entfernt. “Seit Corona hat die Musik wieder einen höheren Stellenwert. Wir sehen das an deutlich höheren Umsätzen seit dem Lockdown. Ebenfalls sehr erfreulich ist unsere weltweit gestiegene Anzahl an Neukund:innen.” Neben dem konstanten Aufschwung der Vinyl helfen hier laut Richter vor allem auch Radio-Features und Zeitungsartikel, beispielsweise im Feuilleton, das Medium Musik in die Öffentlichkeit zu tragen.
Gleichzeitig verliert die CD immer mehr von ihrem einstigen Prestige. Das äußert sich neben dem schwindenden Marktanteil, der immer mehr zur Vinylschallplatte übergeht, auch an der Verfügbarkeit der jeweiligen Abspielgeräte. “Immer mehr Firmen fertigen Plattenspieler in allen Preislagen, während es kaum noch möglich ist, CD-Player zu moderaten Preisen kaufen zu können. Fast alle PKW-Hersteller verzichten auf CD-Laufwerke in ihren Autoradios.” Aus rein praktikabler Sicht ergibt diese Entwicklung durchaus Sinn. Das Argument der Kompaktheit der CD wurde von der Digitalisierung der Musik mehr oder weniger überflüssig gemacht, und wenn man im heimischen Wohnzimmer Musik hören möchte, greift man dann eben zur eindrucksvolleren Vinyl, möglicherweise noch als farbige Deluxe-Variante. “Dank Vinyl kommt das haptische Moment zurück. Neben der eigentlichen Musik sind Covergestaltung und Informationsgehalt des Begleittexts wesentliche Bestandteile eines Albums, auf die man nicht verzichten möchte.” Presswerke sind mittlerweile so ausgelastet, dass man mit einer langen Wartezeit rechnen muss, um seine Musik auf Vinyl veröffentlichen zu können. Außerdem ist die Kaufbereitschaft derjenigen, die Vinyl kaufen, sehr hoch, erzählt Richter: “Die Anzahl der Vorbesteller:innen ist bei den LPs extrem groß, da man fürchten muss, leer auszugehen, wenn man nicht ad hoc bestellt und sich somit sein Exemplar sichert. Das erinnert ein bisschen an die Planwirtschaft der DDR.”